OLG München 7 U 3036/15
Einziehung des Gesellschaftsanteils bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses

01.08.2017

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG München
05.10.2016
7 U 3036/15
GmbHR 2017, 40

Leitsatz | OLG München 7 U 3036/15

1. Eine Satzungsbestimmung, nach der die Einziehung eines GmbH-Gesellschaftsanteils, der maßgeblich im Hinblick auf die partnerschaftliche Mitarbeit des Gesellschafters in der Gesellschaft (hier: einer Unternehmensberatungsgesellschaft) eingeräumt wurde, an die Beendigung der Mitarbeit geknüpft ist, ist grundsätzlich wirksam (vergleiche BGH vom 19. September 2005, II ZR 342/03).

2. Eine Satzungsbestimmung, wonach im Falle eines Streits über die Wirksamkeit der Kündigung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft die wirksame Beendigung fingiert wird und eine Einziehung des Geschäftsanteils durch Gesellschaftsbeschluss deshalb gerechtfertigt ist, ist unwirksam. Die Möglichkeit willkürlicher Einziehung begründet die Sittenwidrigkeit der Klausel.

3. Ein Gesellschafter, dessen Anteil durch Gesellschaftsbeschluss eingezogen wurde, kann sich jedoch im Falle faktischer Beendigung der Partnerschaft nach Treu und Glauben dann nicht mehr auf eine ungeklärte Beendigung des Vertragsverhältnisses berufen, wenn nach den Umständen des Falles nicht mehr zu erwarten ist, dass der Gesellschafter die tatsächliche Mitarbeit als Partner wieder aufnimmt.

Sachverhalt | OLG München 7 U 3036/15

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen.
Die Klägerin war in einem französischen Tochterunternehmen der beklagten GmbH tätig. Seit 2012 war sie zudem „Partnerin“ und Gesellschafterin der GmbH. Im Jahre 2014 kündigte die GmbH das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin. Im Rahmen der Vertragsbeendigung wurde auch der Gesellschaftsanteil der Klägerin eingezogen und an dessen Stelle ein neuer Geschäftsanteil, welcher der Gesellschaft als eigener Anteil zusteht, in gleicher Höhe gebildet, obwohl das Kündigungsschutzverfahren noch nicht endgültig entschieden war. Die Satzung der GmbH lässt die Einziehung von Anteilen zu, wenn der Anstellungsvertrag beendet wird.

Entscheidung | OLG München 7 U 3036/15

Die Amortisation von Gesellschaftsanteilen einer GmbH ist nur zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag dies entsprechend regelt (§ 34 Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG). Können allerdings GmbH-Gesellschaftsanteile auf der Grundlage einer Satzungsregelung durch Mehrheitsbeschluss ohne einen sachlichen Grund eingezogen werden, ist die entsprechende Regelung grundsätzlich gem. § 138 BGB nichtig. Ausnahmen bestehen  nur, sofern eine sachliche Rechtfertigung aufgrund besonderer Umstände existiert. Von der Rechtsprechung ist in diesem Zusammenhang insbesondere der Umstand der beendeten Mitarbeit anerkannt worden.

Eine Regelung, welche die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zwecke der Amortisation fingiert, obwohl noch streitig ist, ob das Vertragsverhältnis tatsächlich beendet wurde, ist sittenwidrig und nichtig. Betroffen ist allerdings lediglich die sittenwidrige Passage und nicht die gesamte (im Übrigen zulässige) Klausel (keine Gesamtnichtigkeit). Anderenfalls würde der Mehrheit der Gesellschafter mit solch einer Regelung ein willkürliches Mittel zur Verfügung stehen, mit welchem die betroffenen Gesellschafter diszipliniert werden könnten. Dies würde allerdings zu einem von der Rechtsprechung missbilligten Ergebnis führen.

Wird ein Anteil durch einen Gesellschafterbeschluss eingezogen, während das Vertragsverhältnis lediglich faktisch beendet ist, soll sich der Gesellschafter allerdings nicht mehr auf die formelle Beendigung berufen können, wenn eine Fortsetzung des ursprünglichen Verhältnisses nicht mehr zu erwarten ist. Der Gesellschafterbeschluss über die Einziehung des Anteils der Klägerin ist vorliegend wirksam, da die Ausnahme einer sachlichen Rechtfertigung aufgrund besonderer Umstände Anwendung findet.

Praxishinweis | OLG München 7 U 3036/15

Eine Satzungsbestimmung, welche die Einziehung eines GmbH-Anteils an die Beendigung des Vertragsverhältnisses knüpft, ist grundsätzlich wirksam. Unwirksam und sittenwidrig ist allerdings eine Regelung, welche die wirksame Beendigung dieses Verhältnisses fingiert, damit der Anteil eingezogen werden kann.

Im Falle einer faktischen Beendigung des Vertragsverhältnisses soll sich der betroffene Gesellschafter nicht auf die Ungewissheit der Lage berufen können, wenn eine weitere Mitarbeit nicht mehr in Frage kommt.

Es ist allerdings auf die auch von der Rechtsprechung des 2. Senats des BGH abweichende Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz (Az: 5 Sa 110/14) hinzuweisen, die gleichfalls bei einer Abfindungsbeschränkung keine unzulässige Einschränkung des Kündigungsrechts des Arbeitnehmers bejaht.