BGH V ZR 23/15
Vereinbarter Haftungsausschluss für Sachmängel gilt auch für Aussagen in einem Exposé

27.07.2017

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
22.04.2016
V ZR 23/15
ZIP 2016, 1930

Leitsatz | BGH V ZR 23/15

Der in einem Grundstückskaufvertrag vereinbarte umfassende Haftungsausschluss für Sachmängel erfasst auch die nach öffentlichen Äußerungen des Verkäufers zu erwartenden Eigenschaften eines Grundstücks oder des aufstehenden Gebäudes.

Sachverhalt | BGH V ZR 23/15

Der Kläger kaufte bei den Beklagten ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück mit notariellem Kaufvertrag unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel. Das Objekt wurde im Internetportal mit den Worten „Das massive Architektenhaus wurde 1999/2000 errichtet, bis 2005 ausgebaut.“ beworben. Jedoch wurde die Außenwand vor 1999 erbaut. Die Käufer verklagten den Verkäufer deswegen auf Schadensersatz, weil das Gebäude von der Sollbeschaffenheit abweiche.

Entscheidung | BGH V ZR 23/15

Gem. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB gehören zur Sollbeschaffenheit der Kaufsache die Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten darf, worunter auch die Angaben in einem Exposé zählen. Jedoch werden die Eigenschaften nicht zum Inhalt der vertraglichen Verpflichtung, wenn die geschuldete Beschaffenheit nicht im Kaufvertrag erwähnt wird. Nach Auffassung des BGH ergeben sich die Angaben, wofür der Verkäufer die Haftung übernimmt, aus der notariellen Urkunde. Wenn ein umfassender Haftungsausschluss zwischen den Parteien vereinbart wird, muss davon ausgegangen werden, dass sich dieser auf die öffentlichen Äußerungen (beispielsweise in einem Exposé) des Verkäufers bezieht.

Praxishinweis | BGH V ZR 23/15

Käufer müssen also in Zukunft damit rechnen, dass die Angaben, die sie vor dem Kauf vom Verkäufer erhalten, von der Haftung ausgeschlossen werden können. Um dies zu verhindern, müssen vorherige Zusicherungen im Kaufvertrag als Garantien aufgenommen werden. Falls dies nicht möglich ist, kann auch im Vorfeld eine umfassende Prüfung vorgenommen werden und ein sog. Q&A-Prozess (Fragen und Antworten) durchgeführt werden (näher dazu: Friedrich, DB 2016, 2772).

Es ist möglich, dass diese Rechtsprechung des BGH auch auf Unternehmenstransaktionen, bei denen ein notarieller Kaufvertrag abzuschließen ist, angewandt wird.