BFH II R 44/13
Steuerliche Folgen des verbilligten Verkaufs eines Grundstücks einer GmbH an ausscheidenden Gesellschafter

12.01.2016

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
27.08.2014
II R 44/13
DNotZ 2015, 35

Leitsatz | BFH II R 44/13

Verkauft eine GmbH an einen ausscheidenden Gesellschafter im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung auf Veranlassung des Anteilserwerbers ein Grundstück zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis, gehört der sich daraus für den Anteilsveräußerer ergebende geldwerte Vorteil zum Veräußerungspreis für den Anteil und führt daher nicht zum Entstehen von Schenkungssteuer.

Sachverhalt | BFH II R 44/13

Am Stammkapital der GmbH hielt der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), sein Vater (V) und sein Bruder (B) Anteile. Zum 14.12.2007 schieden der Kläger und sein Vater aus der GmbH aus, wobei V seine Anteile unentgeltlich auf B übertrug und der Kläger seine Anteile an seine Frau und B verkaufte. Mit einem weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom 14.12.2007 verkaufte die GmbH, vertreten durch B als Geschäftsführer, ihr gehörende Grundstücke an den Kläger. Bei einer Außenprüfung der GmbH vertrat der Prüfer die Ansicht, dass der Verkehrswert der verkauften Grundstücke höher sei und aus Mangel an betrieblichen Gründen eine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an B vorliege. Das Finanzamt (Beklagter und Revisionskläger) war der Auffassung, dass eine gemischte Schenkung der GmbH an den Kläger vorliegt und eine Schenkungssteuer fällig wäre. Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, dass eine freigebige Zuwendung nach § 7 I Nr. 1 ErbStG an den Kläger nicht gegeben ist, denn der verbilligte Verkauf an den Kläger beruht auf dem zwischen der GmbH und ihren Gesellschaftern bestehenden Gesellschaftsverhältnis. In der Revision blieb das Finanzamt bei seiner Auffassung und beantragt die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Gem. § 122 II 1 FGO ist das Bundesministerium der Finanzen dem Verfahren beigetreten und sieht die Anteilsveräußerung und die Grundstücksveräußerung als zwei zu trennende Geschäfte an.

Entscheidung | BFH II R 44/13

Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen. Zu Recht hat das FG entschieden, das keine der Schenkungssteuer unterliegende gemischtfreigebige Zuwendung der GmbH an den Kläger vorliegt. Der durch den verbilligten Verkauf erzielte Vorteil des Klägers zählt zum Veräußerungspreis des § 17 II 1 EStG und ist nur von ertragssteuerlicher Bedeutung.

Bei der Beurteilung der Leistung ist es entscheidend zwischen einer Schenkung und einer zum Veräußerungspreis gem. § 17 II 1 EStG zählenden Leistung zu differenzieren. Eine Schenkung unter Lebenden gem. § 7 I Nr. 1 ErbStG ist jede freigebige Zuwendung, bei der der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Jede Leistung, die der Anteilsveräußerer als Gegenleistung für seine Anteilsübertragung erhält, zählt zum Veräußerungspreis. Dazu gehören auch Leistungen, die der Anteilsveräußerer zwar nicht als direkte Gegenleistung für den Anteil aber im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung erhält. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 I 1 EStG liegt auch dann keine gemischte Schenkung der GmbH an den Gesellschafter vor, wenn im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang der Anteilsveräußerung ein Grundstück unter seinem Verkehrswert an den Anteilsveräußerer verkauft wird. Die Differenz zwischen dem Wert des Grundstücks und dem gezahlten Kaufpreis zählt zum Veräußerungspreis. Ob der verbilligte Verkauf zu einer verdeckten Gewinnausschüttung der GmbH an den Anteilserwerber geführt hat, ist schenkungssteuerrechtlich unerheblich.

Wie in § 17 I 1 EStG vorausgesetzt, hielt der Kläger seine Anteile im Privatvermögen und war zu mindestens 1 % in den letzten 5 Jahren vor der Anteilsveräußerung am Kapital der GmbH beteiligt. Der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Anteilsveräußerung und Grundstückskauf ergibt sich daraus, dass zum einen der Grundstückskaufvertrag direkt nach der Anteilsveräußerung beurkundet wurde und zum anderen, dass B als Anteilserwerber die Grundstücksveräußerung veranlasst hat. Gründe, dass der Grundstückserwerb auch ohne die Änderung der Beteiligungsverhältnisse an der GmbH vollzogen worden wäre, sind nicht ersichtlich.

Praxishinweis | BFH II R 44/13

Aus Gründen der Logik schließen sich die Einkommenssteuer und die Schenkungssteuer aus. Während bei der Einkommenssteuer die Steuern aus entgeltlichen Leistungsbeziehungen erhoben werden, erfolgt dies bei der Schenkungssteuer aus unentgeltlichen Vorgängen. Bei der gemischten Schenkung wird entgeltlich und unentgeltlich übertragen, sodass teilweise die Einkommenssteuer und teilweise die Schenkungssteuer Anwendung findet.

Im vorliegenden Fall hat das Finanzamt den Sachverhalt doppelt besteuert, zum einen hinsichtlich einer entgeltlichen Leistung der GmbH an den Bruder B und zum anderen aufgrund der Veräußerung unter Wert als Schenkung der GmbH an den Kläger. Die Doppelbesteuerung wurde dem Finanzamt nur durch die Aufteilung des einheitlichen Sachverhalts in zwei Verträge ermöglicht. Im Gegensatz zum BFH und den Beteiligten war das Finanzamt der Auffassung, zwischen den beiden Verträgen bestehe kein Zusammenhang. Um solch aufkommenden Problemen vorzubeugen sollte die sicherste Lösung gewählt werden: beide Verträge bedürfen einer einheitlichen Beurkundung, sodass der Verkauf eines Grundstücks zum niedrigeren Preis als Teil der Gegenleistung der Anteilsveräußerung gewertet werden kann. So wird der Argumentation des Finanzamtes der Boden entzogen. Mit dieser einheitlichen Beurkundung wird nicht nur die Wirksamkeit des Vertrages gesichert sondern auch anfallende Steuern erspart.