LG Frankfurt 2-32O 102/13
Vorsatzanfechtung bei Vergütungszahlungen an einen Sanierungsberater

12.10.2015

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

LG Frankfurt
07.05.2015
2-32O 102/13
ZIP 2015, 1358

Leitsatz | LG Frankfurt 2-32O 102/13

Die bloße Hoffnung des Schuldners auf eine Sanierung räumt hingegen seinen Benachteiligungsvorsatz nicht aus, wenn die dazu erforderlichen Bemühungen über die Entwicklung von Plänen und die Erörterung von Hilfsmöglichkeiten nicht hinausgekommen sind. (amtlicher Leitsatz)

Sachverhalt | LG Frankfurt 2-32O 102/13

Der bestellte Insolvenzverwalter (Kläger) der Gesellschaft (Schuldnerin) forderte im Wege der Insolvenzanfechtung von dem Sanierungsberater der Schuldnerin (Beklagte) die Rückzahlung des geleisteten Honorars. Ende des Jahres 2011 zeichnete sich ab, dass die Schuldnerin Schwierigkeiten mit dem Ausgleich der Verbindlichkeiten aus einem 2012 fälligen Wandelschuldverschreiben (WSV 2012) haben würde. Die Beklagte entwickelte ein Restrukturierungskonzept nach dem ein debt-to-equity-swap aller WSV durchgeführt werden sollte. Voraussetzung dafür war die Änderung der Anleihebedingungen mit der Zustimmung aller Gläubiger, sofern nicht das SchVG 2009 anwendbar wäre. Die Beklagte war der Ansicht, dass das SchVG anwendbar sei und somit ein Mehrheitsbeschluss der Anleihegläubiger zur Änderung der Anleihebedingungen ausreicht. Gegen den erfolgten Mehrheitsbeschluss erhoben einige Gläubiger Anfechtungsklage mit der Auffassung, das SchVG sei nicht anwendbar, was das LG Frankfurt a. M. bestä-tigte. Nach eingereichter Beschwerde durch die Beklagte bestätigte das OLG Frankfurt a. M das Urteil. Im Anschluss daran wurde auf Antrag der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Urteil des OLG Frankfurt a. M. wurde durch den BGH aufgehoben, welcher das SchVG für anwendbar hielt.

Entscheidung | LG Frankfurt 2-32O 102/13

Die Klage ist hinsichtlich des Zahlungsantrags begründet.

Eine Rechtshandlung ist gem. § 133 I InsO anfechtbar, wenn sie innerhalb von 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz vorgenommen wurde, einen Gläubiger zu schädigen, wenn der andere Teil den Vorsatz des Schuldners kannte. Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner die Gläubigerbenachteiligung als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder diese als mögliche Folge anerkennt und billigt. Weiß der Schuldner um seine (drohende) Zahlungsunfähigkeit bei Vornahme der Rechtshandlung, so kann auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden.

Das LG Frankfurt a. M. sieht die Voraussetzungen des § 133 I InsO spätestens ab September 2011 als erfüllt an, denn sowohl Schuldnerin als auch der Beklagten war zu dem Zeitpunkt die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit bewusst. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ist trotz der Sanierungsbemühungen nicht ausgeschlossen, denn das Sanierungskonzept war insbesondere nach dem Urteil des LG Frankfurt a. M. nicht hinreichend aussichtsreich. Der Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin wird auch nicht dadurch ausgeräumt, dass sie von einem Erfolg des Restrukturierungskonzepts ausging, wenn die Sanierungsbemühungen weder einer positiven Prognose unterlagen noch tatsächlich begonnen haben. Diese bloße Hoffnung der Schuldnerin führt nicht um Ausschluss einer Vorsatzanfechtung. Die Beklagte hatte zudem Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin.

Praxishinweis | LG Frankfurt 2-32O 102/13

Eine Bestätigung des Urteils durch den BGH würde sich erheblich auf die Praxis der Sanierungsberatung auswirken. Das LG-Urteil unterstellt dem Sanierungsberater Benachteiligungsvorsatz, wenn dieser, trotz eines seiner Meinung entgegenstehenden Urteils in Bezug auf eine Rechtsfrage des Restrukturierungskonzepts, dieses dennoch fortsetzt. Zudem macht es einer Sanierungsberatung fast unmöglich auch in Fällen einer eher negativen Prognose zur Rettung des Unternehmens einzugreifen, denn ihnen wird bei einer bloßen Hoffnung zur Rettung stets Benachteiligungsvorsatz nachgesagt. Jedoch erscheint es eher fragwürdig, ob der BGH sich diesem Urteil anschließt. In früheren Entscheidungen schließt der BGH auch dann einen Benachteiligungsvorsatz aus, wenn durch ernsthaftes aber erfolgloses Bemühen eine Rettung noch nachvollziehbar gewesen wäre.