OLG Frankfurt 20 W 160/13
Sicherung der Kapitalaufbringung bei Formwechsel einer GmbH & Co.KG in GmbH

24.08.2015

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Frankfurt
19.03.2015
20 W 160/13
GmbHR 2015, 808

Leitsatz | OLG Frankfurt 20 W 160/13

  1. Zur Frage der Sicherung der Kapitalaufbringung bei dem Formwechsel einer Personenhandelsgesellschaft in eine GmbH nach § 220 Abs. 1 UmwG und zur Abgrenzung zu den Vorschriften der Sachkapitalgründung (hier: Nichtanwendbarkeit von § 7 Abs. 3 GmbH)
  2. Die Ermittlung des nach § 220 Abs. 1 UmwG maßgeblichen Aktivvermögens erfolgt nicht nach den Buchwerten sondern nach Verkehrswert, wobei im Hinblick darauf, dass bei dem Formwechsel Gegenstand der „Sacheinlage“ das Unternehmen der Gesellschaft ist, in erster Linie auf dessen Ertragswert abgestellt werden kann.

Sachverhalt | OLG Frankfurt 20 W 160/13

Mit den beim Registergericht eingegangenen Unterlagen (Anmeldung nebst Anlagen) meldeten die beiden Geschäftsführer, die zugleich neben der Komplementär-GmbH die einzigen beiden Kommanditisten (mit einer Hafteinlage in Höhe von je 5.000,00 €) der X GmbH & Co. KG waren, den Formwechsel von der Personenhandelsgesellschaft auf die AB GmbH als Kapitalgesellschaft beim zuständigen Registergericht an. Damit verbunden war der Hinweis, dass die von den neuen Gesellschaftern übernommenen Einlagen auf das Stammkapital der GmbH bereits dadurch erbracht worden sind, dass das Gesamtvermögen der X GmbH & Co. KG auf die AB GmbH übergegangen sei.

Die zuständige Rechtspflegerin des Registergerichts lehnte die Eintragung des Formwechsels ab, da Zweifel an der Werthaltigkeit des in die AB GmbH eingebrachten Unternehmens bestünden. Denn die Einbringung der X GmbH & Co. KG müsse als Sacheinlage dem Gebot der realen Kapitalaufbringung genügen (§ 197 S. 1 UmwG iVm. § 7 Abs. 3 GmbHG). Dies sei nicht gegeben, da die Bilanz des eingebrachten Unternehmens u.a. Forderungen gegen die beiden Kommanditisten iHv. insgesamt 125.000,00 € ausweise und Forderungen gegen Gesellschafter, mangels freier Verfügbarkeit für die Gesellschaft, nicht sacheinlagefähig sind.

Darüber hinaus könne durch die vorgelegte Bilanz der X GmbH & Co. KG, in der die Aktiva niedriger als die Summe aus Stammkapital und Passiva waren, die erforderliche Kapitaldeckung nach § 220 Abs. 1 UmwG nicht nachgewiesen werden. Die von den Kommanditisten vorgelegte Bescheinigung eines Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers, wonach die Sacheinlage den Wert des Stammkapitals iHv. 25.000,00 € erreicht, genüge nicht als Nachweis, da keine Erörterung hinsichtlich der Werthaltigkeit der Forderungen stattfand und allein von der Ertragswertmethode ausgegangen wurde.

Gegen die ablehnenden Zwischenverfügungen des Registergerichts legten die Gesellschafter Beschwerde beim zuständigen OLG Frankfurt a.M. ein.

Entscheidung | OLG Frankfurt 20 W 160/13

Die eingelegte Beschwerde hatte Erfolg. Die Entscheidung des OLG Frankfurt ist rechtskräftig.

  1. Zwar geht das Registergericht zunächst zu Recht davon aus, dass obligatorische Ansprüche gegen Einlageschuldner grundsätzlich nicht sacheinlagefähig sind, da die reale Kapitalaufbringung nicht unter Aussonderung des Einlagegegenstands aus dem Gründervermögen erfolgt und der Vermögenswert somit in der Hand des Gesellschafters verbleibt, mithin nicht zur freien Verfügung der Gesellschaft steht (so aber gefordert nach § 7 Abs. 3 GmbHG). Diese allgemein anerkannte Bedingung bei der Sachkapitalgründung (-erhöhung) findet jedoch auf einen – auch im zu Grunde liegenden Fall stattfindenden – Formwechsel von einer Personenhandelsgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft keine (entsprechende) Anwendung nach §§ 190 ff., 214 ff. UmwG.
    Entgegen der Sachgründung findet im Rahmen einer Umwandlung nach § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG eine Vermögensübertragung (ein Vermögensübergang) auf die „neue“ Gesellschaft gerade nicht statt; es fehlt an der Zuführung von Vermögen an die Gesellschaft „von außen“ durch einen Gesellschafter. Der formwechselnde Rechtsträger „behält“ im Falle der Umwandlung sein (bisheriges) Vermögen, da der Rechtsträger (des Vermögens) identisch bleibt und sich nur (die nach außen erkennbare und interne Organisation betreffende) Rechtsform ändert.
    Die Anwendung des § 7 Abs. 3 GmbHG scheide daher aus. Bereits aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass die direkte Geltung der Sachgründungvorschriften nach § 197 S. 1 UmwG zu einer Neugründung führen würde. Dies soll aber durch die nur sinngemäße Geltung vermieden werden (unter Verweis auf: BR-Drucks. 78/96, S. 141). Gleichwohl muss die Kapitalaufbringung aus Gründen des Gläubigerschutzes gewährleitet sein. Dies sei vorliegend auch gegeben, da das Vermögen des formwechselnden Rechtsträgers nach Abzug der Schulden wertmäßig mindestens den Nennbetrag des Stammkapitals des Zielrechtsträgers erreicht.
  2. Zu Prüfen hatte das Registergericht anschließend, ob die Kapitaldeckung beim Formwechsel gewährleistet war, mithin, ob das Prinzip der effektiven Kapitalaufbringung nach § 220 UmwG (Reinvermögensdeckung) eingehalten war. Danach darf im Falle des Formwechsels einer Personenhandelsgesellschaft in eine GmbH der Nennbetrag des Stammkapitals das nach Abzug der Schulden verbleibende Vermögen der umgewandelten Kapitalgesellschaft nicht überstiegen (sofortige Volldeckung des Stammkapitals).
    Hierfür sei im Rahmen des § 220 Abs. 1 UmwG mit der nunmehr ganz herrschen Meinung in der Literatur – statt auf die Buchwerte einer Gesellschaft – auf den jeweils nach dem Zeitwert bewerteten Saldo aus Aktiva und Passiva (dem jeweiligen Verkehrswert) abzustellen. Nur so könne ein Gläubigerschutz vergleichbar mit dem bei einer unmittelbaren Sachgründung sichergestellt werden, da auch bei der Einbringung eines Unternehmens im Zuge der Sachgründung einer Kapitalgesellschaft deren Verkehrswert zu Grunde zu legen ist. Für den vereinfachten Weg des Formwechsels könne daher nichts anderes gelten. Erfasst werden daher alle Gegenstände, denen ein Vermögenswert beizumessen ist, unabhängig davon, ob sie bilanzierungsfähig oder –pflichtig sind.
    In Anwendung dieser aufgestellten Grundsätze sei daher für die Vermögensbewertung im Rahmen der Unternehmensbewertung in erster Linie auf den Ertragswert des Unternehmens abzustellen. Nach der sogenannten modifizierten Ertragswertmethode muss zunächst geschätzt werden, welche Erträge das Unternehmen zukünftig erzielen wird und anschließend auf den Bewertungsstichtag abgezinst und dadurch zum Ertragswert kapitalisiert werden; erhöht um den Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens. Demnach komme es in dem zu Grunde liegenden Fall nicht darauf an, ob das Kapital der X GmbH & Co. KG im Hinblick auf die hohen, in der Bilanz ausgewiesenen Forderungen gegen die Kommanditisten (insg. 125.000,00 € gegenüber je 5.000,00 € Haftungseinlage), überhaupt noch unversehrt vorhanden ist; stattdessen habe sich das Registergericht mit dem bereits vorgelegten Wertgutachten des Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers nebst dessen Erläuterungen auf Basis der modifizierten Ertragswerttheorie auseinanderzusetzen.

Praxishinweis | OLG Frankfurt 20 W 160/13

Ausgehend von der Reinvermögensdeckung nach § 220 Abs. 1 UmwG, muss das Stammkapital der Kapitalgesellschaft von dem Reinvermögen der Personenhandelsgesellschaft gedeckt sein. Mit dem Urteil liegt das OLG Frankfurt mit der ganz herrschenden Meinung auf einer Linie, wonach für die Ermittlung des Reinvermögens nicht der Buchwert sondern der Verkehrswert maßgeblich ist.

Der hierfür erforderliche Nachweis kann, wenn sich die Deckung des Stammkapitals bereits aus den Buchwerten ergibt, durch die Vorlage der steuerlichen Einbringungsbilanz erbracht werden. Reichen die Buchwerte aber, wie es vorliegend der Fall war, nicht hierfür aus, so kann der Nachweis mittels eines Vermögensstatus mit den wirklichen Werten und aufgedeckten stillen Reserven sowie einer Werthaltigkeitsbescheinigung von einem Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater erbracht werden.

Problematisch war in diesem Zusammenhang bisher, ob die Sachgründungsvorschriften gem. § 197 S. 1 UmwG vollständig, d.h. ohne Differenzierung zwischen Sachgründung und Formwechsel, anzuwenden sind, oder ob keine vollständige rechtliche Gleichstellung des Formwechsels mit der Gründung verbunden ist. Mit dem Urteil hat das OLG Frankfurt eine dogmatisch überzeugende und praktisch sachgerechte Entscheidung getroffen, wonach trotz des Verweises in § 197 S. 1 UmwG die Besonderheiten des Formwechsels im Vergleich zur Sachgründung bestätigt wurden. Darüber hinaus wurden die Grundsätze der Reinvermögensdeckung im Rahmen der realen Kapitalaufbringung obergerichtlich bestätigt.