OLG München 31 Wx 204/12
Umdeutung eines gemeinschaftlichen Testaments in ein Einzeltestament

05.08.2015

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG München
23.07.2014
31 Wx 204/12
ZErb 2014, 258

Leitsatz | OLG München 31 Wx 204/12

Eine Umdeutung eines unwirksamen gemeinschaftlichen Testaments in ein Einzeltestament ist auch im Hinblick auf wechselbezügliche Bestimmungen möglich. Entscheidend ist ausschließlich, dass der Erblasser auch unabhängig von den Verfügungen des weiteren Testierenden die entsprechenden Verfügungen getroffen hätte.

Sachverhalt | OLG München 31 Wx 204/12

Die Eheleute errichteten 2009 ein gemeinsames notarielles Testament, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzten sowie ihren einzigen Sohn als Vorerben und dessen Abkömmlinge als Schlusserben. Die Verfügungen werden im Testament als wechselbezüglich festgestellt.

Nach dem Tod des Ehemannes 2012 beantragte der Sohn einen Teilerbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Seine Mutter sei aufgrund fortgeschrittener Demenz 2009 nicht mehr testierfähig gewesen, weshalb nun die gesetzliche Erbfolge greifen solle.

Der Erbscheinsantrag wurde 2014 durch das Nachlassgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller durch Beschwerde.

Entscheidung | OLG München 31 Wx 204/12

Die Beschwerde ist nicht erfolgreich.

Sollte eine Testierunfähigkeit auf Seiten der Ehefrau 2009 vorgelegen haben, greift trotzdem nicht die gesetzliche Erbfolge ein, sondern das gemeinschaftliche Testament ist als Einzeltestament des Ehemannes umzudeuten. Diese Regelung greift nicht nur bei formellen Fehlern, sondern auch bei der Testierunfähigkeit des anderen Ehepartners. Zwar statuiert § 2270 Abs. 1 BGB bei der Unwirksamkeit einer der beiden Verfügungen auch die Unwirksamkeit der anderen letztwilligen Verfügung. Da es den Eheleuten frei steht, diese Rechtsfolge auszuschließen, kann der Wille dazu auch nachträglich noch durch Auslegung ermittelt werden.

Im vorliegenden Fall sieht es das Gericht als erwiesen an, dass der Ehemann seine Frau auch als Alleinerbin eingesetzt hätte, wenn er sich ihrer Testierunfähigkeit bewusst gewesen wäre. Ziel des gemeinsamen Testaments von 2009 aus Sicht des Ehemannes war vorrangig die Absicherung der Ehefrau nach seinem Tod. Er hat zudem die Erstellung des Testaments initiiert und die maßgeblichen inhaltlichen Entscheidungen getroffen.

Nach Auslegung des Willens des Erblassers ist das gemeinsame Testament von 2009 in ein Einzeltestament des Erblassers umzudeuten. Die gesetzliche Erbfolge greift aus diesem Grund nicht ein.

Praxishinweis | OLG München 31 Wx 204/12

Dieses Urteil wendet folgerichtig die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Umdeutung von gemeinschaftlichen Testamenten an. Auch für die Praxis ist das Ergebnis im Fall einer unerkannt vorliegenden Testierunfähigkeit positiv zu bewerten.