BGH II ZR 369/13
Beschränkung von Kundenschutzklauseln zwischen GmbH und ausscheidendem Gesellschafter regelmäßig auf zwei Jahre

08.06.2015

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
20.01.2015
II ZR 369/13
EWiR 2015, 269

Leitsatz | BGH II ZR 369/13

Kundenschutzklauseln, die zwischen einer GmbH und einem Gesellschafter anlässlich des Ausscheidens aus der Gesellschaft vereinbart werden, sind nichtig, wenn sie in zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß übersteigen, das in der Regel zwei Jahre beträgt.

Sachverhalt | BGH II ZR 369/13

Streitgegenständlich war eine Kundenschutzklausel, die im Rahmen eines Gesellschafterausscheidens vereinbart wurde.

Die Auseinandersetzungsvereinbarung zwischen den beiden Gesellschaftern beinhaltete eine Abfindung für den ausscheidungswilligen Gesellschafter. Im Gegenzug übernahm dieser mit seiner neugegründeten Gesellschaft den Kundenstamm am Standort der Zweitniederlassung. Weiter wurde eine Kundenschutzklausel mit in den Vertrag aufgenommen, welche es dem verbliebenen Gesellschafter unter Anordnung einer Vertragsstrafe verbot, Kunden des abgegebenen Kundenstamms innerhalb der kommenden 5 Jahre anzusprechen und abzuwerben.

Kurz vor Ablauf der Frist schrieb die Beklagte zwei Kunden an. Die Klägerin begehrt mit Ihrer Klage die Zahlung der vertraglich festgehaltenen Vertragsstrafe. Die Vorinstanz, OLG Hamburg, gab der Klage im Wesentlichen statt.


Entscheidung | BGH II ZR 369/13

Der Senat weißt die Klage ab.

Wettbewerbsbeschränkungen unterliegen der ständigen Rechtsprechung des BGH nach engen Vorgaben (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Juli 1997 – II ZR 238/96), da sie einerseits das Allgemeininteresse des freien Wettbewerbs eingreifen, sowie andererseits in das Individualinteresse des Verpflichteten auf freie Berufsausübung nach Art. 12 GG eingreifen. Das Allgemeininteresse des freien Wettbewerbs wird gesetzlich durch §1 GWB geschützt und wurde beim vorliegenden Fall nicht verletzt. Allerdings liegt ein Eingriff in das Recht auf freie gewerbliche Betätigung vor. Dieser Eingriff kann gerechtfertigt sein, wenn die Umstände in der Person (bspw. Geschäftführungsverbote bei zuvor begangenen Insolvenzstrafaten) liegen oder zur Erfüllung des Hauptzwecks des zugrunde liegenden Vertrages dienen. Der BGH führt aus, dass der Umfang des Eingriffs in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Verhältnismäßigkeit zum Zweck stehen muss. Falls die auferlegten Wettbewerbsbeschränkungen unverhältnismäßig hoch sind, liegt eine Sittenwidrigkeit vor und die Klausel ist (teil-)unwirksam.

Im vorliegenden Fall beurteilt der BGH den Schutz vor der „illoyalen Verwertung“ (Urteil, Rz. 8) seiner Kundenakquisitionen mit der vertraglichen fünfjährigen Ablauffrist für zu hoch. Die Beschränkung des Individualinteresses kann nur solange aufrechterhalten werden wie Gefahr durch die ehemaligen geschäftlichen Beziehungen des Beklagten droht. Im Regelfall geht der BGH von einer Dauer von zwei Jahren aus.

Auf dieser Grundlage beurteilt der BGH die Kundenschutzklausel als unverhältnismäßig und vollzieht eine geltungserhaltende Reduktion auf zwei Jahre.

Somit war die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Praxishinweis | BGH II ZR 369/13

Das Urteil liegt auf gerader Linie mit den bisher ergangenen Rechtsprechungen des BGH zum Thema Kundenschutzklauseln und ist im Ergebnis vollkommen zu unterstützen.

Wie Nolting in EWiR 2015, 269 anschaulich ausführt, ist bei Beachtung des zugrunde liegenden Sachverhalts auch nicht von einer erhöhten Gefahr durch den Beklagten auszugehen. Diese könnte sich ergeben, wenn langjährige Kunden seinerseits, mit denen er persönlich gefestigte Geschäftsbeziehungen pflegt (vorbehaltlich der Sinnhaftigkeit dessen) zum Kläger übergehen sollen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger den übertragenen Kundenstamm für das gemeinsame Unternehmen allein aufgebaut und nur „seine“ Kunden in das neue Unternehmen überführt.

Dementsprechend ist in keiner Weise von einer erhöhten Gefahr durch den Kläger auszugehen, wenn regelmäßig bei „fremden“ Kunden eine Zweijahresfrist für ausreichend angesehen wird, um die Leistungsfähigkeit zu beweisen und eine geschäftstypische Vertrauensbasis herzustellen.

Seit geraumer Zeit wird aufgrund dieser Rechtsprechungslinie von unserer Seite aus angeraten keine längeren als die erneut bestätigten Zweijahresfristen bei Wettbewerbsbeschränkungen zu vereinbaren.

Nur im äußersten Einzelfall, bei vollumfänglicher Sachverhaltswüdigung und eklatantem Risiko durch den Verpflichteten, könnte unserer Ansicht nach eine solche Klausel höchstgerichtlich Bestand haben.