OLG München 31 Wx 274/14
Streichung einer gegenstandslos gewordenen Regelung zu bedingtem Kapital durch Fassungsänderung möglich

17.01.2015

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG München
31.07.2014
31 Wx 274/14
DStR 2014, 1933

Leitsatz | OLG München 31 Wx 274/14

Eine durch Zeitablauf gegenstandslos gewordene Regelung über eine bedingte Kapitalerhöhung kann im Wege der Fassungsänderung durch den Aufsichtsrat aus der Satzung einer Aktiengesellschaft gestrichen werden. Anderes kann gelten, wenn dadurch konkret bestehende Auseinandersetzungen hinsichtlich der wirksamen Ausübung der Bezugsrechte tangiert werden würden.

Sachverhalt | OLG München 31 Wx 274/14

Die Gesellschaft hat durch Hauptversammlungsbeschluss bedingtes Kapital geschaffen, welches explizit auf den Zeitraum der möglichen Bezugsrechtsausübung befristet wurde. Nach Ausübung der Bezugsrechte zu ca. 98% meldete der Aufsichtsrat die Ausgabe der Bezugsaktien, den satzungsändernden Beschluss betreffend der Höhe des Grundkapitals und den ersatzlosen Wegfall der Satzungsregelung bezüglich des bedingten Kapitals beim Handelsregister an. Die Anmeldung wurde vom Registergericht zurückgewiesen mit der Begründung, die Streichung der Satzungsregelung, hätte eine Aufhebung des noch übrigen bedingten Kapitals zur Folge. Eine Entscheidung hierüber sei jedoch nicht von einer sogenannten „Fassungsänderung“ durch den Aufsichtsrat gedeckt und bedürfe deshalb eines Hauptversammlungsbeschlusses. Die Streichung der Satzungsregelung sei nicht nur die Abänderung der sprachlichen Form, sondern vielmehr die inhaltliche Entscheidung über die Frage, ob die nicht ausgeübten Bezugsrechte noch bestünden, oder nicht.

Hiergegen legte die Aktiengesellschaft Beschwerde ein.

Entscheidung | OLG München 31 Wx 274/14

Die Beschwerde war erfolgreich. Gemäß § 179 Abs. 1 Satz 1 AktG bedarf jede Satzungsänderung eines Beschlusses der Hauptversammlung. § 179 Abs. 1 Satz 2 AktG macht von dieser Grundregel eine Ausnahme, indem die Hauptversammlung Änderungen nur die „Fassung“ betreffend, dem Aufsichtsrat übertragen kann (Fassungsänderung). Dies umfasst die redaktionelle Berichtigung der Satzung, z.B. die Streichung von Klausel, die aufgrund von Gesetzesänderungen oder Änderung der tatsächlichen Verhältnisse obsolet geworden sind. Im vorliegenden Fall hat der Aufsichtsrat über die nicht ausgeübten Bezugsrechte nicht inhaltlich entschieden, sondern hat versucht den im Nachgang zur bedingten Kapitalerhöhung eingetretenen Rechtsfolgen Rechnung zu tragen und diese registerrechtlich abzubilden. Hierin ist eine Fassungsänderung zu sehen.

Praxishinweis | OLG München 31 Wx 274/14

Das OLG München stellt noch einmal klar, dass es bei einer Fassungsänderung darauf ankommt, gerade keine Gestaltungsmöglichkeit wahrzunehmen. Ein probates Mittel um den Gestaltungsspielraum einzuschränken ist die Befristung. Nach dem Ablauf der entsprechenden Frist gilt die Entscheidung als getroffen und es besteht keine Gestaltungsmöglichkeit mehr. Hierdurch kann die Handhabung von Kapitalbeschlüssen vereinfacht werden, da lediglich für die Schaffung des Kapitals ein Beschluss der Hauptversammlung notwendig ist. Ist dieser hinreichend bestimmt um etwaige Gestaltungsmöglichkeiten auszuschließen, kann die weitere Abwicklung durch den Aufsichtsrat erfolgen – gesetzt dem Fall, dass dem Aufsichtsrat entsprechende Befugnisse erteilt wurden.