OLG München 34 Wx 10/10
Pfändbarkeit eines aufschiebend bedingten Rückübertragungsanspruchs gegenüber dem Ehegatten

25.10.2010

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG München
11.03.2010
34 Wx 10/10

Leitsatz | OLG München 34 Wx 10/10

Der in der Insolvenz befindliche Gläubiger eines durch Vormerkung gesicherten Rückübertragungsanspruchs kann, auch wenn die Grundstücksübertragung mit Rücksicht auf eine familiäre Verbundenheit stattgefunden hat, auf die Geltendmachung des Anspruchs nicht wirksam verzichten.

Sachverhalt | OLG München 34 Wx 10/10

Mit Vertrag von 1992 übertrug der Ehemann an seine Ehefrau Grundbesitz zu Alleineigentum und behielt sich dabei das Recht vor, den Übertragungsgegenstand zurückfordern zu können, falls die Ehefrau den Grundbesitz ohne seine Zustimmung veräußert oder belastet, oder die Ehefrau in Insolvenz gerät, oder die Ehefrau verstirbt oder die Ehe geschieden wird. Der Anspruch wurde durch eine Vormerkung gesichert. Im Jahr 2005 wurde über das Vermögen des Ehemannes das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit notarieller Urkunde von 2008 verzichtete der Ehemann gegenüber der Ehefrau auf sein bedingtes Rückerwerbsrecht und beantragte die Löschung der Vormerkung nebst dem Insolvenzvermerk. Der Antrag wurde zurückgewiesen.

Entscheidung | OLG München 34 Wx 10/10

Zu Recht. Das Grundbuch ist durch die notarielle Verzichtserklärung nicht unrichtig geworden (§ 22 GBO), da der Ehemann wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen nicht mehr über den bedingten Rückauflassungsanspruchs nebst Vormerkung wirksam verfügen konnte (§§ 35, 36, 81 InsO). In die Insolvenzmasse fällt das gesamte pfändbare Vermögen des Schuldners (§ 35 Abs. 1, § 36 Abs. 1 InsO). Pfändbar sind auch aufschiebend bedingte Rechte sowie selbständige Gestaltungsrechte.

Dem steht auch eine analoge Anwendung des § 852 Abs. 2 ZPO nicht entgegen. § 852 Abs. 2 ZPO bezweckt den Schutz der Entscheidungsfreiheit des Schuldners, indem ein Gläubiger nicht in die den Ehegatten vorbehaltene, letztlich auf Billigkeitsgesichtspunkten beruhende Vermögensauseinandersetzung eingreifen und sie gegen den Willen des Berechtigten erzwingen können soll. Demnach kann diese Analogie nur soweit gehen, wie es notwendig ist, um die Entscheidungsfreiheit des Berechtigten zu erhalten. Es kann also nichts anderes gelten als in dem ausdrücklich geregelten Fall des § 852 Abs. 1 ZPO. Dort ist zwar der Pflichtteilsanspruch geregelt, der nicht (wie vorliegend) von der Ausübung eines Gestaltungsrechts abhängt. Nach dem Gesetzeswortlaut ist der Pflichtteilsanspruch pfändbar, wenn er vertraglich anerkannt oder rechtshängig geworden ist. § 852 Abs. 1 wird jedoch einschränkend dahingehend ausgelegt, dass der Pflichtteilsanspruch als in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit aufschiebend bedingter Anspruch zwar gepfändet werden kann, die Entscheidungsfreiheit des Schuldners aber dadurch gewahrt bleibt, das allein dem Schuldner die Entscheidung obliegt, ob der Anspruch gegen den Erben durchgesetzt werden soll. Übertragen auf die vorliegenden Fallgestaltung bedeutet dies, dass das Gestaltungsrecht selbst wie der aufschiebend bedingte Anspruch in die Insolvenzmasse fallen mit der Folge, dass der Insolvenzschuldner nicht mehr darüber verfügen, damit auch nicht mehr wirksam verzichten kann. Die Entscheidungsfreiheit des Ehemannes wird aber ausreichend dadurch gewahrt, dass das Recht nicht gegen seinen Willen geltend gemacht werden kann.

Praxishinweis | OLG München 34 Wx 10/10