BGH IX ZR 32/12
Abtretung von Gesellschafterdarlehen an Dritte

30.10.2013

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
21.02.2013
IX ZR 32/12
NJW 2013, 2282

Leitsatz | BGH IX ZR 32/12

  1. Tritt der Gesellschafter eine gegen die Gesellschaft gerichtete Darlehensforderung binnen eines Jahres vor Stellung eines Insolvenzantrages ab und tilgt die Gesellschaft anschließend die Verbindlichkeit gegenüber dem Erwerber/Käufer des Darlehens, unterliegt nach Verfahrenseröffnung neben dem Darlehenskäufer auch der Gesellschafter der Anfechtung.

  2. Zu den gleichgestellten Forderungen gehören grundsätzlich auch Darlehensforderungen von Unternehmen, die mit dem Gesellschafter horizontal oder vertikal verbunden sind.


Sachverhalt | BGH IX ZR 32/12

Der Kläger ist Verwalter der E-GmbH & Co. KG, über deren Vermögen im Jahre 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Einzige Kommanditistin der Schuldnerin und Alleingesellschafterin der Komplementärin ist die U-GmbH. Deren Alleingesellschafterin ist die Beklagte, die die Rechtsform einer AG hat. Innerhalb eines Jahres, bevor die Schuldnerin den Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte, gewährte ihr die Beklagte ein Darlehen. Den Darlehensanspruch trat die Beklagte unter umfassendem Ausschluss jeder Haftung an die C ab. Nach Eintritt der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruches zahlte die Schuldnerin den Betrag nebst Zinsen an die C.
Der Kläger verlangt auf Grundlage von § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO Erstattung dieses Betrages. Die erstinstanzlich erfolgreiche Klage wurde in der Berufung abgewiesen.

Entscheidung | BGH IX ZR 32/12

Der BGH gibt der Klage statt.

Der BGH wendet die von der Rechtsprechung und dem Schrifttum zum Eigenkapitalersatzrecht entwickelten Grundsätze in sachlicher und persönlicher Hinsicht im vorliegenden Fall auf das „neue“ Anfechtungsrecht an. Die im Streit stehende Zahlung der Schuldnerin an die C wertet das Gericht als anfechtbare Handlung im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Die Kreditgewährung der Beklagten an die Schuldnerin ist anfechtungsrechtlich als Gesellschafterdarlehen zu behandeln. Dem steht nach Auffassung des BGH nicht entgegen, dass im Zeitpunkt der Kreditgewährung die Beklagte nicht selbst Gesellschafterin der Schuldnerin war, sondern nur mittelbar als Gesellschafter-Gesellschafter über die U-GmbH maßgeblich an der Schuldnerin beteiligt war. Nach Auffassung des BGH ist das Darlehen eines Dritten als Gesellschafterdarlehen zu bewerten, wenn der Dritte bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Gesellschafter gleichsteht. Als Legitimationsgrundlage wendet der BGH den Tatbestand der gleichgestellten Forderungen in den §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 I InsO an, auch wenn diese nicht ausdrücklich Rechtshandlungen Dritter erwähnen. Der BGH übernimmt hierbei in personeller Hinsicht den Anwendungsbereich des § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG a.F. und bezieht diesen in den Tatbestand der gleichgestellten Forderungen mit ein. Die nur mittelbar an der Schuldnerin beteiligte Beklagte ist somit hinsichtlich ihrer Kredithilfe für die Gesellschaft wie ein unmittelbarer Gesellschafter zu behandeln.
Des Weiteren steht der Einstufung der Kredithilfe als Gesellschafterdarlehen auch nicht die Abtretung der Forderung an die C entgegen. Denn der durch § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO angeordnete Nachrang könne nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Gesellschafter als Darlehensgeber seine Beteiligung an der Gesellschaft aufgibt oder die Darlehensforderung an einen Nichtgesellschafter abtritt.

Praxishinweis | BGH IX ZR 32/12

Die vorangestellte Entscheidung wird zukünftig in Zusammenhang von GmbH-Anteilsveräußerungen zu berücksichtigen sein, insbesondere für darlehensgewährende Gesellschafter, die ihre Anteile an der GmbH in Folge eines Verkaufs abtreten wollen. Damit die Darlehensrückzahlung durch die GmbH an den Gesellschafter nicht dem Risiko der Anfechtung ausgesetzt ist, war den Gesellschaftern bisher zu raten, ihr Darlehen mit dem Anteil zu verkaufen. Diese Praktik dürfte nunmehr durch die Entscheidung des BGH problematisch sein. Will sich der Verkäufer des Darlehens vor einer Inanspruchnahme schützen, muss er sicherstellen, dass auf das verkaufte Darlehen nicht gezahlt wird. Man kann daran denken, den Darlehensrückzahlungsanspruch an einen Treuhänder zu übertragen, der das Darlehen erst nach Ablauf eines Jahres geltend machen darf und vorher keine Zahlungen annehmen darf.