BGH II ZR 17/12
Zum Zeitpunkt der Gewinnbeteiligung des Anteilsinhabers des übertragenden Rechtsträgers in Abhängigkeit des zugrunde liegenden Verschmelzungsvertrages

09.04.2013

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
04.12.2012
II ZR 17/12
DStR 2013, 534

Leitsatz | BGH II ZR 17/12

Ist die Eintragung der Verschmelzung im Verschmelzungsvertrag als Bedingung für eine Gewinnberechtigung vorgesehen und verzögert sich diese, so können die Anteilsinhaber eines übertragenden Rechtsträgers vom übernehmenden Rechtsträger keinen dem Umtauschverhältnis entsprechenden Teil des jeweiligen Geschäftsjahres der von dem übernehmenden Rechtsträger an seine Aktionäre ausgeschütteten Dividende verlangen.

Sachverhalt | BGH II ZR 17/12

Die Kläger waren Aktionäre der T-AG, welche in ihrer Hauptversammlung vom 29.04.2005 die Zustimmung zu einer Verschmelzung auf die Beklagte B-AG, die bereits 75 % der Aktien der T hielt, beschloss. In § 2 II des Verschmelzungsvertrags (VV) war vorgesehen, dass die von der Bekl. als Ausgleich zu gewährenden neuen Aktien ab 01.01.2005 gewinnbezugsberechtigt sein sollten. Abweichend hiervon sollten nach § 10 III VV die neuen Aktien der Beklagten erst ab dem 01.01.2006 gewinnberechtigt sein, wenn die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister der Beklagten erst nach der ordentlichen Hauptversammlung der T im Jahre 2006, welche über die Gewinnverwendung für das Geschäftsjahr 2005 beschließt, stattfindet. Entsprechend dieser Regelung sollten weitere Verschiebungen der Gewinnberechtigung eingreifen, sofern sich die Eintragung über die ordentliche Hauptversammlung eines Folgejahres hinaus verzögert.

Die Verschmelzung wurde am 06.06.2006 in das Handelsregister der Beklagten eingetragen. Eine Gewinnbeteiligung der neuen Aktionäre der Beklagten für das Jahr 2005 fand aufgrund des zugrunde liegenden Verschmelzungsvertrages nicht statt. Sie erhielten nur die ausgeschüttete Dividende der T. Mit der Klage verlangen sie so behandelt zu werden, wie wenn sie im Zeitpunkt der Ausschüttung der Dividende für 2005 schon Aktionäre der Beklagten gewesen wären.

Die vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen der Kläger richten sich gegen die Abweisung der Klage auf Zahlung des Differenzbetrages des LG Bonn und die Zurückweisung der Berufungen des Berufungsgerichts (OLG Köln).

Entscheidung | BGH II ZR 17/12

Das Urteil des LG hält rechtlicher Überprüfung stand. Die Kläger haben weder einen Anspruch auf Zahlung einer anteiligen Dividende der Beklagten für das Geschäftsjahr 2005 aus dem Verschmelzungsvertrag, noch einen Schadensersatzanspruch gemäß § 317 I 2 AktG.

Die Kläger können keinen Anspruch auf Dividendenzahlung als Aktionäre der Beklagten haben, weil sie im Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses der Hauptversammlung der Beklagten im Jahre 2006 noch keine Aktionäre dieser waren. Der Anspruch kann auch nicht daraus begründet werden, dass die Kläger aufgrund des Verschmelzungsvertrages so gestellt werden müssten, als hätten sie für das Geschäftsjahr 2005 einen Anspruch auf die Dividende gehabt, da § 10 III VV eine solche Möglichkeit nach § 2 II VV im vorliegenden Fall ausgeschlossen hat. Auch eine Unwirksamkeit oder Nichtigkeit des § 10 III VV ist ausgeschlossen. Selbst zur Wahrung der Verschmelzungswertrelation muss nicht sichergestellt werden, dass ein Gewinnbezugsrechts in dem Jahr des Bewertungsstichtags entsteht. Nicht einmal die verfassungsrechtlich gebotene wirtschaftlich volle Entschädigung für den Verlust des Anteils an dem übertragenen Rechtsträger verlangt, dessen Anteilseigner so zu stellen, als seien sie bereits ab dem Bewertungsstichtag beim übernehmenden Rechtsträger gewinnbezugsberechtigt.

Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 317 I 2 AktG scheidet aus, weil weder der Abschluss des VV eine für die T als abhängiges Unternehmen nachteilige Maßnahme darstellt noch den Klägern als deren Anteilsinhaber dadurch ein Schaden entstanden ist. Eine Minderung oder konkrete Gefährdung der Vermögens- und Ertragslage der abhängigen Gesellschaft, soweit sie als Abhängigkeitsfolge eintritt, ist nicht ersichtlich. Auch stellt die verwehrte Beteiligung an der Dividende der Beklagten keine Verkürzung der Dividende der Kläger bei der T dar, womit keine Schädigung besteht.

Praxishinweis | BGH II ZR 17/12

Das Festlegen eines variablen Beginns der Gewinnbezugsberechtigung auf entsprechend festgelegte Zeitpunkte der Folgejahre im Verschmelzungsvertrag erscheint empfehlenswert. Nach diesem Urteil hält ein solcher Passus sowohl einer Unwirksamkeits- oder Nichtigkeitsklage als auch einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand.