Vorschlag der EG-Kommissison zu einer Erbrechtsverordnung

02.08.2010

Notizen zur Rechtsprechung

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Leitsatz |

Am 14. Oktober 2009 hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaft einen „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines europäischen Nachlasszeugnisses“ (EU-ErbVO) vorgelegt. Dieser Vorschlag, der sicherlich noch einige Korrekturen erfahren wird, könnte bereits im Jahre 2011 in Kraft treten.

I. Grundgedanken
1. Anwendung der Kollisionsregeln auch bei Drittstaatenbezug
Die Kollisionsregelungen der EU-ErbVO sollen nach Art. 25 EU-ErbVO auch im Verhältnis zu Drittstaaten gelten, so dass eine Zweispurigkeit des Erbkollisionsrechtes und die Auseinandersetzung mit der Frage, wann ein „innergemeinschaftlicher“ Erbfall und wann ein solcher mit „Drittstaatenbezug“ vorliegt, vermieden wird. (Soweit nicht anders gekennzeichnet, sind alle Art. in diesem Abschnitt solche der EU-ErbVO.)

2. Grundsatz der Nachlasseinheit
Nach Art. 16 wird zur Vermeidung einer Nachlassspaltung die Erbfolge in das gesamte Vermögen ohne Rücksicht auf die Art der Nachlassgüter und deren Belegenheitsort ein und derselben Rechtsordnung unterstellt, wobei an den Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers angeknüpft wird.

3. Beschränkte Rechtswahlmöglichkeit
Art. 17 räumt dem späteren Erblasser die Möglichkeit ein, die Rechtsnachfolge von Todes wegen seinem Heimatrecht zu unterstellen.

4. Gleichlauf von internationaler Zuständigkeit und anwendbaren Recht
Nach Art. 4 bestehet eine internationale Regelzuständigkeit in Nachlassangelegenheiten in dem Mitgliedsstaat, in welchem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte. Die danach zuständige Stelle wendet dann vorbehaltlich einer Rechtswahl des Erblassers ihr eigenes Recht an. (Dörner, ZEV 2010, 221 (224).)

II. Objektive Anknüpfung des Erbstatutes
1. Gewöhnlicher Aufenthalt
Nach dem Vorschlag soll künftig die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates unterliegen, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Anknüpfung des Erbstatutes an den gewöhnlichen Aufenthalt bereitet zum einen dann Probleme, wenn der gewöhnliche Aufenthalt in Grenzfällen nicht eindeutig zu bestimmen ist. Zum anderen ist zu beachten, dass es sich dabei um einen wandelbaren Anknüpfungspunkt handelt, der u. U. im Laufe des Lebens des Erblassers mehrfach wechseln kann, ohne dass den Beteiligten die rechtliche Erheblichkeit erkennbar ist. [Süß, ZErb 2009, 342 (344)]

2. Erbrechtliche Rechtswahl
Daher sieht der Vorschlag der Verordnung in Art. 17 die Möglichkeit vor, dass der Erblasser die Rechtsnachfolge in seinen gesamten Nachlass durch Verfügung von Todes wegen dem Recht des Staates unterstellen kann, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt.

Formulierungsvorschlag: Rechtswahl (Europäische Erbrechtsverordnung):
Die EG plant eine Verordnung zu erlassen, wonach das Recht, nach dem ein Erblasser beerbt wird, sich nach dem Ort seines letzten gewöhnlichen Aufenthalts richtet. Es besteht daher die Gefahr, dass eine ausländische Rechtsordnung zur Anwendung kommt. Dies soll in jedem Fall vermieden werden.
Hiermit wähle ich/wählt jeder von uns deshalb, soweit eine solche Rechtswahl bis zum Eintritt des Erbfalles notwendig und zulässig wird, für die Erbfolge in mein/sein gesamtes Vermögen das deutsche Recht.

III. Europäisches Nachlasszeugnis (Art. 36 – 51 EU-ErbVO)
Der Verordnungsvorschlag sieht zudem die Einführung eines europäischen Nachlasszeugnisses vor, das in allen Mitgliedsstaaten (Im Vereinigten Königreich muss dennoch weiterhin ein Personal Representative bestellt werden.) als Nachweis der Erben-, Vermächtnisnehmer oder Testamentsvollstreckerstellung dienen soll (Art. 42 Abs. 1). Hierin liegt eine erhebliche Erleichterung der Nachlassabwicklung, da danach nur in einem Mitgliedsstaat ein Nachlassverfahren durchzuführen ist und der so erlangte Erbschein in der gesamten Union die Abwicklung des Nachlasses ermöglicht, ohne dass es ein zusätzliches Verfahrens bedarf.

Antrag, Inhalt, Wirkung und Rechtsmittel
Das Europäische Nachlasszeugnis wird auf Antrag eines Erbberechtigen oder eines Nachlassverwalters von den nach Art. 4 bis 6 zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten in einem Standardformular erteilt (Art. 37) und kann neben einem nationalen Erbschein erteilt werden (Art. 36 Abs. 2). Es gibt insbesondere Auskunft über das anwendbare Recht, Art und Weise der Berufung, Person des Erben, die Erbquoten und die dem Nachlassberechtigten zustehenden Vermögenswerte (Art. 41).

Das Europäische Nachlasszeugnis kann mit folgenden Wirkungen ausgestattet sein:

  • Vermutungswirkung (Art. 42 Abs. 2): Bis zum Beweis des Gegenteils wird vermutet, der im Zeugnis Ausgewiesene zur Rechtsnachfolge berechtigt bzw. mit den im Erbschein ausgewiesenen Befugnissen ausgestattet ist und keine anderen Verfügungsbeschränkungen als die im Zeugnis ausgewiesenen bestehen.
  • Gutglaubenswirkung (Art. 42 Abs. 3 und 4): Wird an dem im Zeugnis Ausgewiesenen gutgläubig eine Leistung bewirkt, so wird der Leistende befreit. Ebenso kann ein Dritter von dem Ausgewiesenen gutgläubig erwerben
  • Legitimationswirkung (Art. 42 Abs. 5): Durch Vorlage des Zeugnisses erfolgt die Eintragung in ein öffentliches Register (z.B. Grundbuch).

Das Zeugnis kann berichtigt oder eingezogen werden (Art. 43). Jeder Mitgliedstaat muss ein entsprechendes Rechtsmittelverfahren einrichten (Art. 44).

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