BGH II ZR 264/08
Anspruch des GbR-Gesellschafters auf Mitteilung der Namen und Adressen der Mitgesellschafter

30.01.2010

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
21.09.2009
II ZR 264/08
ZIP 2010, 28

Leitsatz | BGH II ZR 264/08

  1. Ein Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft hat einen Anspruch auf Mitteilung der Namen und Anschriften der Mitgesellschafter.
  2. Dieser Anspruch kann durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden.
  3. Grundsätzlich wird dieser Anspruch durch Gewährung der Einsicht in die Bücher erfüllt. Sind diese Informationen jedoch in einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert, hat der Gesellschafter Anspruch auf Überlassung eines Ausdrucks über die geforderten Informationen.

(Leitsätze des Verfassers)

Sachverhalt | BGH II ZR 264/08

 

Entscheidung | BGH II ZR 264/08

Durch diesen Beschluss schafft der Bundesgerichtshof (BGH) Klarheit über die Kontrollrechte der Gesellschafter.

Hierzu bestimmt § 716 BGB:

„(1) Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Übersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen.

(2) Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung steht der Geltendmachung des Rechts nicht entgegen, wenn Grund zur der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht.“

Hierzu stellt der BGH zunächst klar, dass es sich bei den Namen und Anschriften der Mitgesellschafter um „Angelegenheiten der Gesellschaft“ im Sinne des § 716 Abs. (1) BGB handelt.

In Übereinstimmung mit der Literatur macht der BGH dann deutlich, dass eine zeitgemäße Interpretation der „Papiere der Gesellschaft“ im Sinne des § 716 BGB im Zeitalter der elektronischen Datenverarbeitung erfordere, dass Inhalt des Auskunftsanspruchs ein Ausdruck der elektronisch gespeicherten Daten ist.

Der Anspruch auf Mitteilung der Namen und Anschriften der Mitgesellschafter ist – so die Begründung des BGH – „jedem Vertragsverhältnis derart selbstverständlich, dass es nicht wirksam ausgeschlossen werden kann.“
Hier ist nämlich zu berücksichtigen, dass auch der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein „Schuldverhältnis“ im Sinne des § 311b Abs. 1 BGB ist, der einer Inhaltskontrolle nach § 242 BGB („Treu und Glauben“) unterliegt.
Im entschiedenen Fall erklärte der BGH daher die entsprechende Klausel in dem Gesellschafsvertrag, die den Anspruch auf Auskunftserteilung ausschloss, für unwirksam.

Obwohl bereits aus diesen Gründen ein „Geheimhaltungsinteresse“ der Gesellschaft verneint wurde, führte der BGH zusätzlich und klarstellend aus, dass auch aus § 716 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Anonymität nicht gegeben ist.

Weder allgemeine noch datenschutzrechtliche Gründe würden es rechtfertigen, gegenüber seinem Vertragspartner, denn um einen solchen handelt es sich bei einem Mitgesellschafter, anonym bleiben zu dürfen.
Insbesondere sei die lediglich abstrakte „Gefahr des Missbrauchs“ der Daten durch den Auskunftsberechtigten kein zureichender Grund zur Auskunftsverweigerung, denn wenn der Gesellschafter mit dem ihm zugänglichen Daten Missbrauch betreibt, ist er dem dadurch geschädigten Mitgesellschafter aus dem Gesichtspunkt der Verletzung der gesellschaftlichen Treuepflicht zum Unterlassen und ggf. zum Schadensersatz verpflichtet.

Praxishinweis | BGH II ZR 264/08

Auswirkungen der Entscheidung auf die Gestaltung von Gesellschaftsverträgen:

Im Hinblick auf diese Entscheidung gilt es fortan bei Gesellschaftsverträgen zu beachten, dass es unmöglich ist, den Anspruch des Mitgesellschafters auf Auskunft über Namen und Anschriften der Mitgesellschafter auszuschließen.
Es empfiehlt sich aber, diesen Anspruch inhaltlich auszugestalten und – sofern hierfür ein Bedürfnis besteht – nur einen Auskunftsanspruch bezüglich der absolut notwendigen Daten zuzulassen.

Da man den Auskunftsanspruch nicht generell ausschließen kann, ist es zudem ratsam, Vorsorge für den Fall des Missbrauchs der zugänglichen Daten zu treffen. Hierfür kann man entweder einen vertraglichen Schadensersatzanspruch oder – aufgrund des Charakters des Gesellschaftsvertrags als Schuldverhältnis – gleich eine Vertragsstrafe vereinbaren.
Die Vertragsstrafe hätte den Vorteil, dass es im Gegensatz zum Schadensersatz nicht des Nachweises eines durch den Missbrauch entstandenen Schadens bedürfte.

Zudem gilt es zu beachten, dass diese Entscheidung nicht nur für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sondern für sämtliche Gesellschaftsverträge Geltung erlangen dürfte (so bereits bejahend zur Kommanditgesellschaft BGH vom 20. Juni 1983 Az. II ZR 85/82=ZIP 1983, 935).