BGH XII ZB 666/11
Voraussetzungen einer Kontrollbetreuung bei Vorliegen einer wirksamen Generalvollmacht

14.09.2012

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
21.03.2012
XII ZB 666/11
ZEV 2012, 374

Leitsatz | BGH XII ZB 666/11

1. Die Schließung eines Kaufvertrages eines Sohnes in Ausübung der ihm erteilten Generalvollmacht, in der er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit wurde, begründet nicht allein die Bestellung eines Kontrollbetreuers. (Leitsatz nicht amtlich)
2. Die Anordnung einer Kontrollbetreuung ist erst erforderlich, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass der Bevollmächtigte nicht zum Wohle des Vollmachtgebers handelt. (Leitsatz nicht amtlich)

Sachverhalt | BGH XII ZB 666/11

Der Beteiligte 1 wendet sich gegen die Anordnung einer Kontrollbetreuung des Amtsgerichts. Mit notarieller Urkunde erteilte der Betroffene am 12.10.2010 dem Beteiligten 1, seinem Sohn, eine Generalvollmacht ihn in Angelegenheiten gegenüber jedermann, insbesondere Gerichten, Behörden, Privaten, Banken und Sparkassen zu vertreten. In dieser wurde der Bevollmächtigte von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
Seit einem Schlaganfall am 26. 10. 2010 leidet der Betroffene an dem Verlust seines Sprachvermögens und damit verbundener beeinträchtigter Kommunikationsfähigkeit. Am 28.10.2010 unterzeichnete der Beteiligte 1 in Ausübung der ihm erteilten Vollmacht einen Kaufvertrag über das Hausgrundstück des Betroffenen, in dem er dieses an sich selbst veräußerte. In diesem Kaufvertrag wurde dem Betroffenen lebenslanges Wohnrecht eingeräumt. Bereits vor Erteilung der Generalvollmacht an seinen Sohn wurde auf Anweisung des Betroffenen ein Entwurf eines notariellen Kaufvertrages erstellt, mit welchem der Betroffene auch einverstanden war. Aufgrund seiner plötzlichen Erkrankung kam es jedoch nicht zur geplanten Unterzeichnung des Kaufvertrages durch den Betroffenen.
Der Sohn wurde mit Beschluss des Amtsgerichts vom 17.3.2011 zum Betreuer für den Betroffenen bestellt. Daraufhin bestellte das AG Delmenhorst am 10.8.2011 (Beschl. v. 10. 8. 2011 – 3a XVII 6689/11) den Beteiligten 2 zum Vollmachtsüberwachungs- bzw. Kontrollbetreuer und übertrug diesem die Aufgaben der „Wahrnehmung der Rechte des Betroffenen gegenüber dem Bevollmächtigten, insbesondere Überprüfung des Grundstücksgeschäfts in Bezug auf die Angemessenheit der vereinbarten Gegenleistung, evtl. Anfechtung des Grundstücksgeschäfts, Prüfung und evtl. Widerruf der Vollmacht“.
Das Landgericht hat die Beschwerde gegen diesen Beschluss des Beteiligten 1 zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten 1 war jedoch vor dem BGH erfolgreich.

Entscheidung | BGH XII ZB 666/11

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr.1 FamFG statthaft und im Übrigen auch zulässig und begründet.
Nach § 1896 Abs. 3 BGB kann ein Betreuer auch bestellt werden, um die Rechte des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten geltend zu machen. Somit kann mit Hilfe einer Kontrollbetreuung ein Bevollmächtigter überwacht werden, wenn der Vollmachtgeber nicht mehr in der Lage ist, die Ausübung der Generalvollmacht selbst zu überprüfen und zu gegebenem Anlass die Vollmacht zu widerrufen.
Zu einer wirksamen Kontrollbetreuung bedarf sie der Erforderlichkeit. Der Vollmachtgeber erteilt die Vollmacht, da er selbst nicht mehr in der Lage ist, seine eigenen Angelegenheiten zu regeln, um eine gerichtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden. Somit kann eine Kontrollbetreuung nicht allein dadurch begründet werden, dass der Vollmachtgeber das Handeln des Bevollmächtigten nicht mehr selbst überwachen kann. Der Wille des Vollmachtgebers sollte auch bei einer Kontrollbetreuung im Mittelpunkt stehen. Daher müssen weitere Aspekte hinzukommen, die eine solche Überwachung rechtfertigen. Als Rechtfertigungsgrund ist anzusehen, dass dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird. Dies ist der Fall, wenn an der Redlichkeit oder Tauglichkeit des Bevollmächtigten gezweifelt wird oder wenn anzunehmen ist, dass der Bevollmächtigte nicht mehr im Interesse des Vollmachtgebers handelt.

Praxishinweis | BGH XII ZB 666/11

Eine Rechtfertigung für die Kontrollbetreuung kann sich nicht aufgrund der Grundstücksübertragung als Insichgeschäft an sich begründen. Im vorliegenden Fall wird der Beteiligte 1 mit Erteilung der Generalvollmacht von den Beschränkungen des §181 BGB befreit. In diesem Aspekt sieht das Beschwerdegericht eine Gefahr des Missbrauchs der Vollmacht. Es wird jedoch nur eine abstrakte Gefahr beschrieben, die jeder Befreiung eines Bevollmächtigten von den Beschränkungen des § 181 BGB inne wohnt und somit nicht genügend ist, um eine Kontrollbetreuung zu rechtfertigen.