OLG München 34 Wx 403/11
Nachweis der Entgeltlichkeit einer Verfügung des Testamentsvollstreckers gegenüber dem Grundbuchamt

24.08.2012

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG München
06.12.2011
34 Wx 403/11
DNotZ 2012, 459

Leitsatz | OLG München 34 Wx 403/11

Zu den Anforderungen an die im Grundbuchverfahren erforderliche Darlegung, dass die vom Testamentsvollstrecker vorgenommene Verfügung über Grundbesitz eine entgeltliche ist.

Sachverhalt | OLG München 34 Wx 403/11

Im Grundbuch sind als Eigentümer zu je ½-Miteigentumsanteil eingetragen der Beteiligte zu 1) sowie eine Erbengemeinschaft, bestehend aus den Beteiligten zu 1) und 2) und W.R. Nach dem Tod von W.R. wurde dieser von S. und C.R. beerbt und für die Erteile des S. und des C.R. Testamentsvollstreckung angeordnet. Als Testamentsvollstrecker wurde der Beteiligter zu 3) eingesetzt.
Die Beteiligten 1) bis 3) verkauften im Juni das Wohnungseigentum zum Kaufpreis von 58.000,00 Euro. Zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums bewilligten die Verkäufer die Eintragung einer Vormerkung, deren Eintragung vom Notar gem. § 15 GBO beantragt wurde.
Das Grundbuchamt erließ eine Zwischenverfügung, mit der Aufforderung der Beseitigung des Eintragungshindernisses, nämlich dem Fehlen eines vormerkungsfähigen Anspruchs. Zur Begründung führte es aus, dass der Veräußerungsvertrag des mitwirkenden Testamentsvollstreckers wegen Unentgeltlichkeit unwirksam sei. Erforderlich sei daher entweder die Zustimmung der Erben und der Vermächtnisnehmerin des verstorbenen Miteigentümers oder die Erbringung des Nachweises der Entgeltlichkeit in Form eines Wertgutachtens. Es gebe Anhaltspunkte für eine nicht vollständige Entgeltlichkeit, denn der im Jahr 1990/91 für 199.500 DM erworbene Grundbesitz sei nunmehr für 58.000 Euro veräußert worden. Es fehle somit an einem gleichwertigen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung und damit an der Entgeltlichkeit. Die Kaufpreishochrechnung ergebe als aktuellen Wert einen Betrag von 113.554,70 Euro.

Entscheidung | OLG München 34 Wx 403/11

Das OLG München als Beschwerdegericht gab der zulässigen Beschwerde in der Sache statt. Das vom GBA angenommene Eintragungshindernis bestehe nicht, so dass die nach § 18 Abs. 1 GBO ergangene Zwischenverfügung ersatzlos aufzuheben war.
Der Testamentsvollstrecker ist gem. § 2205 S.3 BGB grundsätzlich nicht zu unentgeltlichen Verfügungen befugt. Das GBA hat jedenfalls bei der Eigentumsumschreibung zu prüfen, ob sich der Testamentsvollstrecker in den Grenzen seiner Verfügungsbefugnis gehalten hat. Die nur teilweise unentgeltliche Verfügung steht der insgesamt unentgeltlichen gleich. Die unentgeltliche Verfügung des Testamentsvollstreckers ist schwebend unwirksam. Dies betrifft sowohl das schuldrechtliche Geschäft als auch das dingliche Vollzugsgeschäft. Die schwebende Unwirksamkeit eines Anspruchs steht allerdings nicht seiner Vormerkungsfähigkeit entgegen, da diese wie künftige Ansprüche behandelt werden. Zwar liegt auch in der Einräumung einer Eigentumsvormerkung nach § 883 Abs. 1 BGB eine Verfügung über das Vermögen der Erbengemeinschaft. Insoweit wird aber die Meinung vertreten, dass dann, wenn die Eigentumsumschreibung erst vorgemerkt wird, das GBA die Entgeltlichkeit nicht zu prüfen braucht. Nur wenn für das GBA feststeht, dass der gesicherte Anspruch nie zur wirksamen Entstehung gelangen wird, kann die Eintragung der Vormerkung verweigert werden. Weil jedoch eine (teilweise) unentgeltliche Verfügung auch noch voll wirksam werden kann, wenn die Erben oder Vermächtnisnehmer zustimmen, erweist sich deren Wirksamkeit oder Unwirksamkeit erst bei der Vornahme der endgültigen Eintragung.
Zudem kann der vom GBA mit Zwischenverfügung geforderte Nachweis der Entgeltlichkeit regelmäßig nicht in der Form des § 29 Abs. 1 GBO geführt werden. Die Rechtsprechung hat den allgemeinen Satz aufgestellt, dass eine entgeltliche Verfügung anzunehmen ist, wenn die dafür maßgebenden Beweggründe im Einzelnen angegeben werden, verständlich und der Wirklichkeit gerecht werdend erscheinen und begründete Zweifel an der Pflichtmäßigkeit der Handlung nicht ersichtlich sind. Dabei genügt auch eine privatschriftliche Erklärung des Testamentsvollstreckers, die diesen Anforderungen entspricht.
Darüber ergibt sich der Nachweis der Entgeltlichkeit bereits aus einem allgemeinen Erfahrungssatz. Dieser besagt, dass ein Kaufvertrag mit einem unbeteiligten Dritten ein entgeltlicher Vertrag und keine verschleierte Schenkung ist, wenn die Gegenleistung an den Vorerben bzw. Testamentsvollstrecker erbracht wird.

Praxishinweis | OLG München 34 Wx 403/11

Für die Praxis bedeutet die Entscheidung für alle Fälle der Veräußerung durch einen Testamentsvollstrecker an einen unbeteiligten Dritten eine erhebliche Erleichterung. Denn das GBA hat grundsätzlich davon auszugehen, dass es sich um eine entgeltliche Leistung handelt.
Zudem entfaltet die Entscheidung Bedeutung für die sehr praxisrelevanten Fälle der Veräußerung eines Erbschaftsgegenstandes durch einen Vorerben, da dieser auch gem. § 2113 Abs. 2 BGB zu unentgeltlichen Geschäften grundsätzlich nicht berechtigt ist und hiervon auch nicht befreit werden kann (§ 2136 BGB).