BGH XII ZR 120/06
Überschreitung der Annahmefrist des Mietvertrags ist kein Schriftformmangel

02.07.2010

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
24.02.2010
XII ZR 120/06

Leitsatz | BGH XII ZR 120/06

 

Sachverhalt | BGH XII ZR 120/06

Ein Mietvertrag über Gewerberäume für eine feste Laufzeit von 15 Jahren wurde zuerst vom Vermieter unterschrieben. Gemäß Vertrag hielt sich damit der Vermieter einen Monat ab Zugang an das Vertragsangebot gebunden. Innerhalb dieser Frist verlängerte der Vermieter mit einem gesonderten Schreiben die Annahmefrist. Der Mieter unterzeichnete den Vertrag rechtzeitig, es ist jedoch streitig, ob der Zugang noch fristgemäß erfolgte.
Der Mieter verlangt auf Grund Verletzung der Schriftform die Feststellung, dass der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt.

Entscheidung | BGH XII ZR 120/06

Nach Ansicht des OLG sei die Schriftform nicht gewahrt, da sich aus der Mietvertragsurkunde nicht ergebe, ob das Angebot des Vermieters fristgemäß angenommen wurde. Es meint, die Verlängerung der Annahmefrist gehöre zu den formbedürftigen Elementen des Mietvertrages. Dem schließt sich der BGH nicht an, sondern hält die Schriftform für gewahrt, so dass der Mietvertrag für 15 Jahre abgeschlossen ist. Zur Wahrung der Schriftform des § 550 BGB ist es erforderlich, dass sich die für den Vertragsabschluss notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen – insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnisses – aus der Vertragsurkunde ergeben. Die Annahmefrist und deren Einhaltung zählen jedoch nicht zu diesen den Vertragsinhalt bestimmenden Bedingungen. Sie betreffen nur das Zustandekommen des Vertrages und sind mit dem Abschluss nicht mehr von Bedeutung.

Sinn und Zweck der Schriftform ist es, dass ein späterer Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes in das Mietverhältnis eintritt, dessen Bedingungen – nicht jedoch dessen wirksames Zustandekommen – erkennen kann. Das Zustandekommen eines Mietvertrages hängt oft von zahlreichen Umständen ab, die sich nicht aus der Urkunde ergeben müssen.

Die Schriftform ist aber auch dann gewahrt, wenn der vom Mieter unterzeichnete Mietvertrag erst nach Ablauf der Annahmefrist beim Vermieter zugegangen ist. Dann gilt die Annahmeerklärung des Mieters gem. § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot. Dieses wurde zwar vom Vermieter nicht schriftlich angenommen, jedoch ist der Mietvertrag spätestens mit der Übergabe der Mietsache konkludent zustande gekommen. Für die Wahrung der Schriftform genügt die Einhaltung der „äußeren Form“ (bloße Schriftlichkeit der Erklärungen, d.h. eine einheitliche von beiden Seiten unterzeichnete Vertragsurkunde). Es ist nicht Voraussetzung, dass der Vertrag durch die schriftliche abgegebenen Erklärungen zustande gekommen ist. Vielmehr ist es ausreichend, wenn der Mietvertrag inhaltsgleich mit den in der äußeren Form des § 126 BGB niedergelegten Vertragsbedingungen nur konkludent abgeschlossen worden ist. Dies ergebe sich ebenfalls aus dem Schutzzweck und der Rechtsfolge des § 550 BGB.

Praxishinweis | BGH XII ZR 120/06

Lautzeitbindung und Schriftform von Mietverträgen spielen für den Wert einer Immobilie eine große Rolle. Mit der vorliegenden Entscheidung des BGH – die entgegen vielen bisherigen OLG-Entscheidungen ausfiel – werden die Anforderungen an die Schriftform entschärft. Trotz der Einhaltung der Schriftform muss aber selbstverständlich jeder Vertrag geprüft werden, ob er rechtswirksam zustande gekommen ist.