BFH II R 33/10
Hände weg von Oder-Konten – Zahlungen eines Ehegatten auf ein gemeinsames Oder-Konto als steuerbare Schenkung an den anderen Ehegatten

25.05.2012

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
23.11.2011
II R 33/10
DStR 2012, 796

Leitsatz | BFH II R 33/10

1. Wird die Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto (sog. Oder-Konto) der Eheleute als freigebige Zuwendung an den anderen Ehegatten der Schenkungsteuer unterworfen, trägt das FA die Feststellungslast für die Tatsachen, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlich sind, also auch dafür, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann.
2. Gibt es hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte dafür, dass beide Ehegatten entsprechend der Auslegungsregel des § 430 BGB zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind, trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte berechtigt sein soll.

Sachverhalt | BFH II R 33/10

Im vorliegenden Fall eröffneten die Ehegatten ein Oder-Konto, auf das nur der Ehemann Einzahlungen in erheblichem Umfang leistete. Das Finanzamt besteuerte die Hälfte der eingezahlten Beträge als Schenkungen des Ehemannes an die Ehefrau. Hiergegen wendet sich die Ehefrau.

Entscheidung | BFH II R 33/10

Der BFH bestätigt, dass solche Zahlungen auf ein Oder-Konto dann zu einer der Schenkungsteuer unterliegenden Zuwendung führen können, wenn das Finanzamt anhand objektiver Tatsachen nachweisen kann, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann.

Der BFH betont dabei, dass die gesetzliche Auslegungsregel, wonach Gesamtgläubiger im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt sind, nur gilt „soweit nicht ein anderes bestimmt ist” (§ 430 BGB). Bei intakter Ehe haben die Ehegatten (durch stillschweigende Vereinbarung oder tatsächliche Handhabung) i. d. R. etwas anderes bestimmt. Tragen die Ehegatten die abweichende Gestaltung des Innenverhältnisses, etwa durch eine übereinstimmende Darstellung vor, hat das Finanzamt die Feststellungslast dafür, dass die Ehegatten keine solche abweichende Vereinbarung getroffen haben und daher zu gleichen Teilen am Kontoguthaben beteiligt sind.

Maßgeblich hierfür ist, ob, wie oft und in welchem Umfang der nichteinzahlende Ehegatte auf das Kontoguthaben zugegriffen hat. Wobei wiederum nur solche Zugriffe relevant sind, die der Bildung eigenen Vermögens des nichteinzahlenden Ehegatten und nicht der Bestreitung des Lebensunterhalts dienen.

Praxishinweis | BFH II R 33/10

Mit dieser Entscheidung hat der BFH die Problematik der Oder-Konten zwar entschärft. Jedoch kann eine völlige Entwarnung nicht gegeben werden, da den Gesamtumständen jedes Einzelfalls erhebliche Bedeutung zukommt und die Beweiswürdigung durch Finanzbehörden und -gerichte schwerlich vorherzusehen ist. In der Beratungspraxis wird daher weiterhin die Güterstandschaukel eine Rolle spielel oder gleich zu Einzelkonten mit wechselseitiger Vollmacht zu raten sein.