FG München 4 V 548/11
Kettenschenkung, aber richtig

27.04.2012

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

FG München
30.05.2011
4 V 548/11
MittBayNot 2012, 72 mit Anm. Wälzholz

Leitsatz | FG München 4 V 548/11

Keine Bereicherung des Zwischenerwerbers bei Kettenschenkung zwischen Personen mit engen persönlichen Beziehungen in separaten Urkunden am selben Tag

Sachverhalt | FG München 4 V 548/11

Der Vater überließ seinem Sohn mit notariellem Vertrag eine Wohnung. Am selben Tag übertrug der Sohn mit eigenständigem, vor demselben Notar geschlossen Vertrag einen hälftigen Miteigentumsanteil an seine Ehefrau. Auf die Zwischeneintragung des Sohnes im Grundbuch wurde verzichtet. Das FA wertete dies als (direkte) Schenkung des hälftigen Miteigentumsanteils des Vaters an die Schwiegertochter uns setzte hierfür Schenkungssteuer fest.
Zur Begründung führte das FA aus, nach dem einheitlichen Plan (Gesamtplan) der Beteiligten (Vater, Sohn, Schwiegertochter) habe die Zwischenschaltung des Sohnes dazu führen sollen, Schenkungsteuer zu umgehen, die bei einer unmittelbaren Übertragung an die Schwiegertochter zweifelsfrei anfiele. Dieser Gesamtplan sei von den Beteiligten auch umgesetzt worden. Die Verwirklichung des Plans sei auch deshalb leicht umsetzbar gewesen, da die beteiligten Personen in engem familiären Verhältnis zueinander stünden. Als weiteres wichtiges Indiz für das Vorliegen eines entsprechenden Plans sei die kurze Zeitspanne für den Zwischenerwerb zu nennen. Der zwar zivilrechtlich wirksame Zwischenerwerb durch den Sohn sei schenkungssteuerrechtlich nicht zu berücksichtigen.

Entscheidung | FG München 4 V 548/11

Das FG München folgte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren dem FA. Es liege eine unter Personen mit engen persönlichen Beziehungen abgestimmte Kettenschenkung vor. Der Sohn sei schenkungsteuerrechtlich nicht bereichert, da er den Gegenstand sofort weitergeschenkt habe. Diese gelte auch dann, wenn zivilrechtlich zwei Schenkungsverträge vorlägen und der Sohn mit seiner Frau eine ehebedingte Zuwendung vereinbart habe.

Praxishinweis | FG München 4 V 548/11

Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Wird dem Bedachten der Schenkungsgegenstand nicht unmittelbar von dessen ursprünglichem Inhaber zugewendet, sondern noch ein Dritter zwischengeschaltet, kommt es nach der Rechtsprechung des BFH für die Bestimmung der Person des Zuwendenden darauf an, ob der Dritte über eine eigene Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich der Verwendung des Schenkungsgegenstands verfügte (BFH, Urteil vom 13.10.1993 – II R 92/91). Hierfür maßgeblich sind die Ausgestaltung der Verträge unter Einbeziehung ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie die mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Ziele der Parteien (BFH, BStBl II 2005, S. 412).
Der Beschluss des FG München bestätigt die Gefahren, die mit einer so genannten Kettenschenkung einhergehen. Entscheidendes Abgrenzungskriterium zwischen einer nicht anzuerkennenden Kettenschenkung und einer anzuerkennenden Doppelschenkung ist, ob der Zwischenbeschenkte seine Zuwendung aus freien Stücken, aufgrund eines eigenen Willensentschlusses, tätigen kann.
Um eine sichere Vertragsgestaltung zu erreichen, sollte stets das Vermögen erst auf das eigene Kind der Ausgangsschenker übertragen werden und im Grundbuch auch auf dieses Kind eingetragen werden. Erst nach endgültigem Eigentumserwerb durch das leibliche Kind sollte aus völlig freien Stücken in einem neuen Entschluss das zwischenbeschenkte leibliche Kind das Vermögen ganz oder teilweise auf das Schwiegerkind weiter übertragen. Eine Verpflichtung hierzu sollte in keinem Fall in der Ausgangsschenkung vereinbart werden. Auch das Abwarten gewisser Schamfristen – je länger desto besser – empfiehlt sich, um dem Einwand vorzubeugen, dass aus der zeitlichen Nähe der Gestaltungen darauf zurückgeschlossen werden könne, dass die Weiterschenkung an das Schwiegerkind von vorneherein abgesprochen und vereinbart gewesen sei.

Beschwerde eingelegt, Az. BFH: II B 60/11