OLG München 34 Wx 131/10
Anforderungen an den Vertretungsnachweis einer GbR im Grundbuchverkehr

06.02.2012

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG München
20.07.2011
34 Wx 131/10
DStR 2011, 1965

Leitsatz | OLG München 34 Wx 131/10

Soll die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Grundbuchverkehr abweichend von der gesetzlichen Regelung vertreten werden, ist ein grundbuchtauglicher Vertretungsnachweis in der Form des § 29 Abs. 1 GBO unerlässlich (siehe auch KG vom 8. 3. 2011, KG 08.03.2011 Aktenzeichen 1 W 99/10, 1 W 100/10, BeckRS 2011, BECKRS Jahr 7209). Die Vorlage eines – auch notariell beurkundeten – Gesellschaftsvertrags, der die Einzelvertretungsbefugnis des handelnden Gesellschafters ausweist, genügt hierfür nicht.

Sachverhalt | OLG München 34 Wx 131/10

In einem Wohnungsgrundbuch war eine GbR als Eigentümerin und daneben auch deren 4 Gesellschafter eingetragen. Einer der Gesellschafter stimmte im Namen der GbR der Löschung einer im Grundbuch eingetragenen Grundschuld zu. Dem Grundbuchamt lag ein notariell beurkundeter Gesellschaftsvertrag vor, nach dem der zustimmende Gesellschafter allein zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist. Das Grundbuchamt gab mit einer Zwischenverfügung auf, dass zum Vollzug der Löschung der Grundschuld die Zustimmung der im Grundbuch eingetragenen Eigentümerin (= GbR) erforderlich sei. Und meinte, dass mit dem notariellen Gesellschaftsvertrag der Nachweis der Vertretungsberechtigung des zustimmenden Gesellschafters nicht wirksam geführt sei. Das Grundbuchamt hat der dagegen eingelegten Beschwerde nicht abgeholfen.

Entscheidung | OLG München 34 Wx 131/10

Das OLG München bestätigt die Auffassung des Grundbuchamtes, wonach der Nachweis der ordnungsgemäßen Vertretung in grundbuchtauglicher Form im vorliegenden Streitfall nicht erbracht sei. Die Zwischenverfügung mit dem Inhalt, die Zustimmung der eingetragenen Eigentümerin in grundbuchmäßiger Form vorzulegen, sei dahin zu verstehen, dass die eingetragenen Gesellschafter, also alle Gesellschafter, für die GbR die Erklärung abzugeben haben. Dies ergebe sich aus § 27 Absatz 1 GBO, wonach die Löschung des Grundpfandrechts nur mit Zustimmung des Grundstückseigentümers erfolgen darf. Dabei steht die Führung der Geschäfte der GbR grundsätzlich den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu, (§ 709 Abs. 1 BGB). Da die Vertretungsmacht in ihrem Bestand und Umfang an die gesellschaftsvertragliche Geschäftsführungsbefugnis geknüpft sei, gelte mangels abweichender Regelung Gesamtvertretung (§ 714 BGB). Zwar könne die GbR (gewillkürt) vertreten werden, jedoch sind Abweichungen vom Regelfall – wie im vorliegenden Fall – gegenüber dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachzuweisen. Dabei kann der Nachweis jedoch nicht durch einen – geraume Zeit vorher abgeschlossenen – Gesellschaftsvertrag geführt werden, auch wenn dieser in grundbuchtauglicher Form vorliegt und keine konkreten Zweifel am Fortbestand der dort getroffenen Vertretungsregelungen bestehen. Denn der ursprüngliche Vertrag behält selbst nach Änderungen, z.B. in der Geschäftsführung und Vertretung, weiterhin seine Bedeutung und kann vorgelegt werden. Es lässt sich nie ausschließen, dass weitere – nicht nur vom selben Notar beurkundete – Änderungen stattgefunden haben. Es besteht keine Gewähr dafür, dass die im Vertrag als Geschäftsführer bestimmten Personen dies auch jetzt noch sind. Die Rechtsauffassung, wonach auf den Gesellschaftsvertrag, der einzelnen Gesellschaftern Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis überträgt, die Regelungen über die Vollmacht (§§ 172, 173 BGB) anzuwenden sei, mit der Folge, dass von einem Fortbestand der Einzelvertretungsberechtigung auszugehen ist, folgt das OLG München nicht. Denn eine Vollmacht werde – im Gegensatz zur Vertretungsregelung im Gesellschaftsvertrag – gerade zu dem Zweck erteilt, dem Grundbuchamt gegenüber die Vertretungsberechtigung nachzuweisen.

Praxishinweis | OLG München 34 Wx 131/10

Soll eine GbR, abweichend von dem gesetzlichen Regelfall der Gesamtvertretung, nur von einzelnen Gesellschaftern oder anderen Personen vor dem Grundbuchamt vertreten werden, muss diese Vertretungsberechtigung dem Grundbuchamt in Form öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden (§ 29 Abs. 1 GBO), d.h. z.B. in Form einer notariell beglaubigten Vollmacht, nachgewiesen werden.