Frankfurt a. M. 19 U 13/11
Zum Umfang der Prüfpflicht der Bank hinsichtlich der Erbenstellung

22.12.2011

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

Frankfurt a. M.
10.06.2011
19 U 13/11
RNotZ 2011, 611

Leitsatz | Frankfurt a. M. 19 U 13/11

Das Kreditinstitut genügt seiner Pflicht, im Erbfall ihres Kunden die erbrechtliche Verfügungsberechtigung zu prüfen, wenn ihr ein notariell beurkundetes Testament des Erblassers vorgelegt wird; dies gilt auch dann, wenn das Testament auf einen Erbvertrag Bezug nimmt, der eine abweichende Erbeinsetzung vorsieht, die Unwirksamkeit der testamentarischen Verfügung wegen dieser Abweichung jedoch erst im Wege einer Vertragsauslegung erkennbar wird; dies gilt insbesondere dann, wenn sowohl der Erbvertrag als auch das Testament vom selben Notar beurkundet wurden und das Kreditinstitut auf dessen Prüfung der Wirksamkeit der testamentarischen Verfügung vertraut. (amtlicher Leitsatz)

Sachverhalt | Frankfurt a. M. 19 U 13/11

Der Sohn eines Bankkunden verlangt Schadensersatz von der Bank, weil diese nach dem Tod ihres Kunden Vermögenswerte aus dessen Depot an dessen Ehefrau herausgeben hatte. Die Ehefrau hatte sich durch Vorlage eines sie als Alleinerben ausweisenden eröffneten notariellen Testaments gegenüber der Bank legitimiert. Das Testament nimmt auf einen früheren Erbvertrag Bezug, der zwar eine abweichende Erbeinsetzung vorsieht, jedoch auch einen (unwirksamen) Änderungsvorbehalt enthält. Die Unwirksamkeit der testamentarischen Verfügung wegen der abweichenden Erbeinsetzung war jedoch erst im Wege der Vertragsauslegung zu erkennen.

Entscheidung | Frankfurt a. M. 19 U 13/11

Das Gericht hat einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB des Sohnes verneint und entschieden, dass die Bank nicht fahrlässig gehandelt habe. Maßgeblich seien insoweit immer die Umstände des Einzelfalls. Gemäß den AGB der Bank sei diese nicht verpflichtet, sondern lediglich berechtigt die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen. Auch dürfe die Bank auf die Wirksamkeit des Testaments vertrauen, da dieses auf den Erbvertrag ausdrücklich Bezug genommen hat und Testament sowie Erbvertrag von demselben Notar beurkundet wurden.

Praxishinweis | Frankfurt a. M. 19 U 13/11

Zu beachten ist, dass das Gericht nur über die Frage der Fahrlässigkeit im Rahmen eines Schadensersatzanspruches entschieden hat und nicht über die in Praxis häufig gestellte Frage, ob die Bank bei Vorlage einer eröffneten notariellen Verfügung von Todes wegen noch zusätzlich einen Erbschein verlangen darf. Insoweit ist jedoch zu begrüßen, dass sich das Urteil in die Reihe der Entscheidungen einordnet, die gegenüber Banken einen Erbnachweis durch eine eröffnete notarielle Verfügung von Todes wegen genügen lassen und so dem Erben die hohen Kosten für einen Erbschein erspart.