OLG Hamm 21-2010
Eigentumsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft

26.05.2010

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Hamm
20.10.2009
21-2010
RNotZ 2010, 48

Leitsatz | OLG Hamm 21-2010

  1. Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinchaft erstreckt sich auch darauf, als Eigentümerin in Abt. I des Grundbuchs eingetragen werden zu können.
  2. Die ordnungsgemäße Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Auflassungserklärung kann nachgewiesen werden durch einen Eigentümerbeschluss, durch den der Verwalter zu dem Eigentumserwerb für die Gemeinschaft ermächtigt wird (§ 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG).
  3. Ein solcher Eigentümerbeschluss ist von dem Grundbuchamt als wirksam zu behandeln, wenn der Eigentumserwerb im Rahmen der Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung liegt. Davon kann bei einem Erwerb einer Wohnungs- und Teileigentumseinheit in der eigenen Anlage ausgegangen werden.
  4. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn dem Verwalter eine entsprechende Ermächtigung durch Vereinbarung erteilt wird.

Sachverhalt | OLG Hamm 21-2010

Ein Eigentümer veräußert seine beiden Tiefgaragenstellplätze die Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Auflassung wird erklärt. Hintergrund des Erwerbs des Verbandes war der Beschluss der Gemeinschaft, die Stellplätze allen Miteigentümern zur Nutzung zuzuordnen. Das Grundbuchamt verweigert die Eintragung des Verbandes. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Es sieht im Erwerb von Eigentum keine Maßnahme der gemeinschaftlichen Verwaltung, sondern ein die Grundlagen der Gemeinschaft betreffendes Rechtsgeschäft. Außerdem widerspreche die Eintragung der Gemeinschaft dem Gebot eines klaren und übersichtlichen Grundbuchbestandes.

Entscheidung | OLG Hamm 21-2010

Nach dem OLG Hamm ist angesichts der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich von ihrer Grundbuchfähigkeit auszugehen. Grundbuchverfahrensrechtliche Bedenken bestehen nicht. Die Bezeichnung der Gemeinschaft ist nunmehr in § 10 Abs. 6 Satz 4 WEG geregelt. Die Eintragung begründet keinen Verstoß gegen die Grundbuchklarheit. Dass die Eintragung einer „In-sich-Mitgliedschaft“ für eine mit der Rechtslage nicht vertraute Person zunächst irreführend sein mag, reicht hierfür nicht aus, zumal diese Irritation weniger die eingetragenen Rechtsverhältnisse als vielmehr die sich hieraus ableitenden Rechtsfolgen betreffen dürfte. Die durch das Grundbuch zu bekundenden Rechtsverhältnisse sind jedenfalls auch bei einer solchen Eintragung ohne weiteres nachvollziehbar. Grenzen für die Eintragungsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft können sich deshalb nur aus dem materiellen Recht ergeben. Nach § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen. Als Verwaltung in diesem Sinne muss jede Geschäftsführung angesehen werden, die im Interesse der Miteigentümer im Bezug auf die Erhaltung, den Schutz und die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums erfolgt. Nach § 27 Abs. 3 Satz 1 WEG hat der Verwalter eine auf einzelne Angelegenheiten beschränkte gesetzliche Vertretungsmacht für die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese erfasst nicht den Erwerb von Sondereigentum. Hiefür ist eine Vereinbarung oder ein Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit erforderlich, § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG. Eine allgemeine Ermächtigung des Verwalters im Verwaltervertrag reicht nicht aus, weil es sich über ein ungewöhnliches Geschäft handelt, das über eine typische Verwaltungsmaßnahme hinausgeht. Es bedarf daher einer speziellen Bevollmächtigung zum Immobilienerwerb, die regelmäßig durch mehrheitlichen Beschluss der Eigentümerversammlung erfolgt. Diese Beschlussfassung ist dem Grundbuchamt wie die Verwalterbestellung in der Form des § 26 Abs. 3 WEG nachzuweisen. Die Wirksamkeit eines solchen Beschlusses ist vom Grundbuchamt nach Maßgabe wohnungseigentumsrechtlicher Vorschriften zu überprüfen. Der Beschluss ist somit gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG als gültig zu behandeln, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist oder erkennbar nichtig ist. Die Ermächtigung des Verwalters zum Immobilienerwerb in der eigenen Anlage liegt regelmäßig im Rahmen der Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung. Die Frage, ob die Maßnahme nach den Umständen des Einzelfalls ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, berührt demgegenüber nicht die Beschlusskompetenz der Versammlung; Mängel können insoweit nur zur Anfechtbarkeit der Beschlussfassung führen. Vorliegend dient der Erwerb der beiden Stellplätze der gemeinschaftlichen Nutzung und liegt deshalb innerhalb der gebotenen abstrakt-generellen Betrachtung im Rahmen der Beschlusskompetenz der Versammlung. Auch der Umstand, dass eine wirtschaftliche Betrachtung die Sondereigentumseinheiten bei dem Erwerb durch den Verband dem Gemeinschaftseigentum annähern, begründet keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Umgehung der für die Bildung von Gemeinschaftseigentum geltenden Regeln. Zum einen kann so bei großen Anlagen auf die meist nicht oder nur schwer erreichbare Mitwirkung aller Eigentümer verzichtet werden. Zum anderen bleibt der Wert der Einheit als Bestandteil des gemeinschaftlichen Verwaltungsvermögens erhalten. Der Verband kann z.B. die Einheit eines illiquiden Miteigentümers erwerben, um zunächst weitere Wohngeldausfälle zu vermeiden und die Einheit zu einem günstigen Zeitpunkt wieder zu verkaufen.

Praxishinweis | OLG Hamm 21-2010

Das OLG Hamm hat nach der Entscheidung des OLG Celle vom 26.02.2008 nunmehr als zweites OLG den Erwerb von Eigentum durch die Wohnungseigentümergemeinschaft bejaht. Allerdings bezog sich auch die vorliegende Entscheidung wie die des OLG Celle auf einen Erwerb innerhalb der Wohnungseigentumsanlage. In Sachsen steht eine obergerichtliche Entscheidung noch aus. Von einer gesicherten Rechtslage ist deshalb noch nicht auszugehen.