BGH IV ZR 51/09
Grundschulden bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs

26.08.2011

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
10.11.2010
IV ZR 51/09
NotBZ 2011, 91

Leitsatz | BGH IV ZR 51/09

Bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs bleiben dingliche Belastungen von Nachlassgegenständen (hier: Grundschulden) als zweifelhafte Verbindlichkeiten gem. § 2313 Abs. 2 Satz 1 BGB bei der Nachlassbewertung außer Ansatz, wenn und solange ihre tatsächliche Verwirklichung unsicher ist. Das gilt auch dann, wenn die dingliche Belastung zur Absicherung der gegenüber einem Dritten bestehenden Verbindlichkeiten bestellt wurde. (BGH, Urt. v. 10.11.2010 – IV ZR 51/09, NotBZ 2011, 91)

Sachverhalt | BGH IV ZR 51/09

Das Gericht gibt der Klage der Kläger auf Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach dem Erbfall der am 18.2.1996 verstorbenen Mutter des Beklagten und Großmutter der Kläger statt. Das Testament vom 5.8.1988 sah die Erbeinsetzung des Beklagten vor. Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus Grundstücken, die im Allein- oder Miteigentum der Erblasserin standen. Ende 1987/Anfang 1988 gründete der Beklagte und sein Bruder die F. GmbH & Co. KG, an der die beiden Brüder als Kommanditisten beteiligt waren. Die Erblasserin gestattete den Brüdern die kostenfreie Nutzung der Grundstücke zu betrieblichen Zwecken und sicherte deren Kreditverbindlichkeiten durch die Eintragung von Grundsschulden. Diese wurden bisher noch nicht von Kreditinstituten in Anspruch genommen.

Entscheidung | BGH IV ZR 51/09

Das Gericht folgt der Auffassung des Berufungsgerichts und nimmt an, dass die auf den Nachlassgrundstücken liegenden Grundschulden bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs der Kläger nicht als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, sondern als zweifelhafte Verbindlichkeiten zunächst außer Ansatz bleiben. Für zweifelhafte Verbindlichkeiten soll § 2313 II S. 1BGB genauso gelten wie für Rechte und Verbindlichkeiten, die von einer aufschiebenden Bedingung abhängig sind. Deshalb sollen dingliche Belastungen von Nachlassgegenständen als zweifelhafte Verbindlichkeiten nicht berücksichtigt werden, solang ihre Verwirklichung unsicher ist. Die Zweifelhaftigkeit wird nicht nur bei Zweifel am rechtlichen Bestand der Verbindlichkeit angenommen, sondern auch, wenn die tatsächliche und wirtschaftliche Verwertbarkeit fraglich erscheint. Die wirtschaftliche Unsicherheit wird durch die Inanspruchnahme beseitigt. Dieser Fall löst den Sicherungsfall aus. Kommt es in dieser Konstellation zu einer Verwertungen der Grundschulden, ist der Pflichtteilsberechtigte so zu stellen, wie wenn die zweifelhafte Verbindlichkeit schon im Zeitpunkt des Erbfalls verlässlich bestanden hätte. Er hat demnach das zu viel Erhaltene zurückzuzahlen. Diese Lösung ist nach Auffassung des BGH auch praktikabel.

Praxishinweis | BGH IV ZR 51/09