Unternehmenskaufverträge – Rechtsfragen in Corona-Zeiten

17.05.2020

 

Gerade in der jetzigen Situation der COVID-19-Pandemie/Corona-Krise stellen sich rund um Unternehmenskaufverträge, die nicht beidseitig vollständig erfüllt worden sind, eine Vielzahl von Fragen.

Unternehmenskaufvertrag ist noch nicht abgeschlossen

Befindet sich der Vertrag erst in der Anbahnung, ist problematisch, ob der Abbruch der Vertragsverhandlungen angesichts der jetzigen Krise Schadensersatzpflichten auslösen kann. Dies kann nicht von vornherein und ganz grundsätzlich beantwortet werden. Das Aussetzen von Vertragsverhandlungen erscheint angesichts der Pandemie jedoch in nicht seltenen Fällen gerechtfertigt zu sein und löst nicht von vornherein Schadensersatzansprüche aus. Qualifiziert man die COVID-19-Pandemie/Corona-Krise als einen Fall höherer Gewalt (→ Höhere Gewalt, force majeure), so stellt der Abbruch von Vertragsverhandlungen häufig kein Ereignis dar, das Schadensersatzansprüche auslöst. Es ist den Vertragsbeteiligten zu empfehlen, hier einvernehmlich z.B. eine Suspendierung der Gespräche zu besprechen.


Abgeschlossene Unternehmenskaufverträge – fehlendes Closing

Wurde ein Unternehmenskaufvertrag abgeschlossen, so ist zunächst die Phase zwischen Vertragsabschluss und dem sog. Closing zu betrachten. Verträge enthalten ganz häufig eine Vielzahl von Bedingungen, die erst das Closing ermöglichen. Durch die Pandemie können Umstände eintreten, die das Einhalten des für das Closing vorgesehenen Termins fraglich erscheinen lassen oder gänzlich ausschließen. Dies kann bspw. behördliche Genehmigungsverfahren (Hauptfall kartellrechtliche Genehmigungen), aber auch sonstige behördliche Genehmigungen betreffen. Darüber hinaus ist es nicht selten in Unternehmenskaufverträgen vorgesehen, dass der Verkäufer noch einen bestimmten Zustand herzustellen hat, den er angesichts der jetzigen Pandemie nicht mehr herbeiführen kann. Teilweise sehen Closing-Bedingungen insbesondere vor, dass der Verkäufer ein bestimmtes Produkt weiterzuentwickeln hat, einen bestimmten Umsatz zu einem bestimmten Zeitpunkt vorzuweisen hat, bestimmte Betriebsergebnisse zu liefern hat etc. Es kann nicht generell gesagt werden, dass bei Nichterreichen dieser Bedingungen nunmehr stets die Closing-Bedingungen ausfallen und somit der Unternehmenskaufvertrag scheitert. Wenn man die jetzige Situation als Pandemie einordnet und als höhere Gewalt/force majeure (→ force majeure) qualifiziert, so ist zunächst zu überprüfen, inwieweit der Vertrag insoweit Vorkehrungen getroffen hat und bspw. für den Eintritt von force majeure eine oder beide Vertragsparteien von den Leistungspflichten freistellt. Enthält der Vertrag keine ausdrücklichen Regelungen für den Fall des Eintretens einer höheren Gewalt/force majeure, so ist zu prüfen, inwieweit nicht zunächst die Pflichten über einen gewissen Zeitraum suspendiert werden.


Unternehmenskaufverträge nach dem Closing

Die jetzige Pandemie kann aber auch Einfluss auf die Unternehmenskaufverträge haben, die nicht nur notariell beurkundet wurden, sondern deren Closing bereits durchgeführt wurde. Nicht selten ist in derartigen Unternehmenskaufverträgen vorgesehen, dass Kaufpreisnachzahlungspflichten, Gewährleistungspflichten, Garantien etc. auch die Situation nach dem Closing noch mit umfassen. Kann dies festgestellt werden, so ist wiederum zunächst zu überprüfen, ob der Unternehmenskaufvertrag eine force majeure-Klausel/Klausel zur höheren Gewalt enthält. Sodann ist zu prüfen, wem hier welche Risikosphären zugeordnet wurden. Eine generelle Aussage, dass bei höherer Gewalt bestimmte nachvertragliche Verpflichtungen generell entfallen, kann nicht getroffen werden.