Umwandlung und Umstrukturierung in Zeiten von Corona

17.05.2020

 

Umwandlungen können gerade in Krisenzeiten besondere Bedeutung gewinnen. So können beispielsweise durch die Verschmelzung von nicht unternehmerisch tätigen Einheiten oder solchen Unternehmen, die im geplanten künftigen Kern der unternehmerischen Tätigkeit keine Rolle mehr spielen sollen, enorme Kosten gespart werden. Hier geht es nicht nur um Bilanzierungs- und Steuerberatungskosten, sondern auch um den Aufwand, der mit der eigenständigen Organisation von Unternehmen verbunden ist. Vielfach wird bei einer Analyse der gesamten Unternehmensstruktur auch festgestellt werden, dass bei einzelnen Unternehmen eine krisenhafte Situation bereits vorliegt und trotz der Erleichterungen durch das COVID-19-Gesetz eigentlich eine Insolvenzantragspflicht besteht. Die Pflichtverletzung und die insoweit eingetretene Strafbarkeit kann zwar durch eine Umwandlungsmaßnahme nicht mehr beseitigt werden, die Verschmelzung wird aber in der Regel in der Praxis dazu führen, dass dann, wenn die aufnehmende Gesellschaft stark genug ist, um die Risiken aus der übertragenden Gesellschaft zu übernehmen, ein Verfahren wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht nicht mehr angestrengt wird.

Spaltungsmaßnahmen können dazu führen, dass einzelne Einheiten, die künftig bei der Neuausrichtung keine Rolle mehr spielen sollen, herausgetrennt werden, um sie möglicherweise dann Dritten zum Verkauf anzubieten. Der Formwechsel von einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft mit einer natürlichen Person als Vollhafter kann dazu führen, dass der Insolvenzgrund der Überschuldung wegfällt.

Umwandlungsmaßnahmen werfen jedoch eine Vielzahl von Fragen in der jetzigen Situation auf:

Frist zur Durchführung von Umstrukturierungsmaßnahmen

Grundsätzlich muss eine Verschmelzung oder Spaltung aufgrund der Vorgaben des § 17 Abs. 2 UmwG innerhalb eines Zeitraums von acht Monaten ab dem Stichtag, auf den der letzte Jahresabschluss aufgestellt wurde (oder ein entsprechender Zwischenabschluss) beim Handelsregister angemeldet werden. Im Regelfall bilanzieren Unternehmen auf das Kalenderjahr und der Jahresabschluss datiert auf den 31.12. Es müssten dann bis zum 31.08.2020 die entsprechenden Anträge an das Handelsregister gestellt werden und die Umwandlung angemeldet werden. Der Gesetzgeber hat bereits im COVID-19-Gesetz diese Frist von acht auf zwölf Monate einmalig verlängert. Er hat allerdings nicht berücksichtigt, dass beim Formwechsel zwar keine Frist durch das Umwandlungsgesetz vorgegeben ist, jedoch aus § 9 UmwStG sich ebenfalls eine Acht-Monats-Frist ergibt. Darüber hinaus blieb unklar, inwieweit für Verschmelzung und Spaltung, die regelmäßig mit Rückwirkung durchgeführt werden sollen, die Erleichterungen des Umwandlungsgesetzes auch umwandlungssteuerrechtlich Platz greifen. Mit einem jetzt initiierten Gesetzgebungsvorhaben wird unter anderem diese Problematik gelöst. Für das Jahr 2020 gilt also, dass eine Umwandlung - sei es Verschmelzung, Spaltung oder Formwechsel und auch Vermögensübertragungen – nach §§ 174 ff. UmwG rückwirkend auf zwölf Monate durchgeführt werden können, wenn der Gesetzgeber auch das Umwandlungssteuergesetz – wie zu erwarten – anpassen wird.

Vorsicht bei Verschmelzung von Gesellschaften in der Krise

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2018 (Teilurt. v. 06.11.2018 - II ZR 199/17) festgestellt, dass eine Verschmelzung, die dazu führt, dass ein schwaches Unternehmen durch die Verschmelzung auch ein aufnehmendes Unternehmen in die Krise und sogar "in die Insolvenz zieht", einen sog. existenzvernichtenden Eingriff darstellen kann. Dies kann eine Haftung der Gesellschafter / Geschäftsführer nach sich ziehen. Darüber hinaus ist auch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit zu prüfen. Wird also jetzt eine Verschmelzungsmaßnahme oder auch ein Formwechsel durchgeführt, so ist zu prüfen, ob der Zielrechtsträger, der aus der Umwandlungsmaßnahme hervorgeht, seinerseits nicht insolvenzantragspflichtig wird / in der Existenz bedroht wird. Berater müssen daher darauf achten, dass sie sich nicht nur die Bilanz der übertragenden Gesellschaft und deren wirtschaftliche Situation anschauen, sondern auch die des Zielrechtsträgers.

Abschluss der Umwandlungsverträge

 

Nachdem die Ausgangsbeschränkungen praktisch flächendeckend in Deutschland gefallen sind, stehen in der Regel einer Beurkundung des Verschmelzungsvertrages durch die Geschäftsführer / Vertretungsorgane in jeweils vertretungsberechtigter Zahl keine entscheidenden Hindernisse mehr im Weg. Sind allerdings Geschäftsführer selber erkrankt, so bleibt immer noch die Möglichkeit der Stellvertretung. Diese ist unstrittig auch bei Umwandlungsverträgen zulässig. Die Vollmacht bedarf nach h.M. keiner notariellen Beglaubigung. Strittig ist dies bei der Verschmelzung / Spaltung zur Neugründung sowie beim Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft. Hier sollte die Vollmacht vorsichtshalber beglaubigt werden.

Die Anteilseignerversammlung

Bei jeder Verschmelzung, Spaltung und bei jedem Formwechsel ist die Zustimmung der Gesellschafter / Anteilseigner erforderlich. Dies legt § 13 UmwG fest. Grundsätzlich ist diese Beschlussfassung im Rahmen einer Präsenzversammlung durchzuführen. Gesellschafter können sich bei dieser Präsenzversammlung auch durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Hier ist jeweils zu prüfen, ob der Gesellschaftsvertrag / die Satzung hier für die Vertretung Einschränkungen bereithält. Bei Personengesellschaften wird die Ansicht vertreten, dass eine Vollmacht nur dann zulässig ist, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht. Darüber hinaus sind Stimmverbote aus § 181 BGB (keine Vertretung von mehreren Gesellschaftern, wenn dazu keine Erlaubnis erteilt ist, oder bei sog. Insichgeschäften) zu beachten. In aller Regel wird selbst bei der Erkrankung über die Vollmacht bei allen Rechtsträgern die Möglichkeit bestehen, Gesellschaftsversammlungen, die die Zustimmung zum Inhalt haben, durchzuführen.

Der Gesetzgeber hat im COVID-19-Gesetz Erleichterungen für die Aktiengesellschaft, die Genossenschaft und den Verein geschaffen, um auch audiovisuelle Versammlungen zu ermöglichen. Die Bedeutung dieser Neuregelung für Gesellschaften mit einem überschaubaren Gesellschafterkreis dürfte angesichts der sich derzeit deutlich entspannenden Corona-Situation gering ausfallen. Es wird in der Literatur streitig diskutiert, inwieweit bei einer Genossenschaft und bei einem Verein die Zustimmung auch außerhalb einer Gesellschafterversammlung in einem sog. Umlaufverfahren stattfinden kann. Soweit ersichtlich ist man bei der Aktiengesellschaft der Auffassung, dass die Zustimmung zu einer Umwandlungsmaßnahme auch in einer audiovisuellen Online-Hauptversammlung erteilt werden kann. Die h.M. erkennt dies auch für die Genossenschaft an. Beim Verein sind die Dinge strittig und auch für die GmbH sind sie ungeklärt. Bei Personengesellschaften sehen zum einen Gesellschaftsverträge derartige Abstimmungsverfahren in aller Regel nicht vor und der Gesetzgeber hat hier auch keine Erleichterung geschaffen.

Fazit

Umwandlungen und Umstrukturierungen können in der jetzigen Situation ein Mittel zur Bewältigung der Krise sein. Der Gesetzgeber hat durch Neuregelungen im Rahmen des COVID-19-Gesetzes und im Rahmen der Änderung des Umwandlungssteuergesetzes insofern Entspannung herbeigefügt, als nunmehr nicht eine Acht-, sondern eine Zwölf-Monats-Frist zu beachten ist. Angesichts der nicht mehr bestehenden Ausgangsbeschränkungen und nur noch eingeschränkt geltenden Kontaktverbote sind Präsenzversammlungen nunmehr wieder deutlich leichter möglich. Ausweichkonstruktionen mit rechtlichen Risiken sind in der Regel vermeidbar.