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Verlängerung der COVID-19-Ausnahmeregelungen im Gesellschaftsrecht

Mit Verordnung vom 14. Oktober 2020, die inzwischen auch veröffentlicht ist, hat die Bundesregierung den vom Bundesjustizministerium als Referentenentwurf vorgelegten Verordnungsentwurf beschlossen und die Sonderregelungen, die im sog. COVID-19-Gesetz vom 27. März 2020 (BGBl. I 2020, 569) beschlossen worden waren, bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Der Referentenentwurf wurde ohne weitere Änderungen übernommen. Die Verordnung, die von der Öffentlichkeit bisher nur wenig wahrgenommen worden ist, hat enorme praktische Auswirkungen für Unternehmen. Sie wurde durch Art. 2 § 8 COVID-19-Gesetz, das am 28. März 2020 in Kraft getreten war, ermöglicht. Für die einzelnen Unternehmensformen sind folgende Konsequenzen hervorzuheben:

 

1. Aktiengesellschaft

Es gelten somit für das gesamte Jahr 2021 die Sonderregelungen für die virtuelle Hauptversammlung. Der Vorstand kann also nach Zustimmung des Aufsichtsrats auch 2021 nach seinem freien Ermessen festlegen, dass Hauptversammlungen virtuell stattfinden und die enormen Erleichterungen, die der Gesetzgeber angeboten hat, in Anspruch genommen werden. Dies betrifft sämtliche Hauptversammlungen, also ordentliche und außerordentliche Hauptversammlungen. Nach ganz h.M. gilt diese Erleichterung unabhängig davon, wie intensiv die Pandemiesituation ist. Die Erleichterung ist unabhängig davon, wie viele Aktionäre die Gesellschaft hat. Voraussetzung für die Durchführung einer derartigen virtuellen Hauptversammlung ist nur, dass der Aufsichtsrat dem Vorschlag des Vorstandes zugestimmt hat, die gesamte Hauptversammlung audiovisuell übertragen wird (wobei technische Störungen, soweit kein Vorsatz vorliegt, nicht zulasten der Gesellschaft gehen) und von dieser Option kann auch unabhängig davon Gebrauch gemacht werden, ob die Satzung überhaupt ein derartiges Verfahren vorsieht. Die Aktionäre müssen ihr Stimmrecht elektronisch (per sog. elektronischer Briefwahl) wahrnehmen können. Theoretisch kann man ihnen auch ein unmittelbares Teilnahmerrecht an der Hauptversammlung einräumen, was aber in der Praxis kaum geschieht. Die Aktionäre müssen elektronisch Widerspruch gegen die Beschlüsse einlegen können und dies muss vom Beginn der Hauptversammlung an möglich sein. Die Aktionäre müssen mindestens Fragen zur Tagesordnung elektronisch bei der Gesellschaft einreichen können bis zwei Tage vor der Hauptversammlung. Theoretisch wäre es auch denkbar, dass derartige Fragen in der Hauptversammlung gestellt werden können. Kein Unternehmen hat bisher von dieser Option Gebrauch gemacht – soweit bekannt. Nach h.M. kann das Recht zur Stellung von Gegenanträgen derart eingeschränkt werden, dass man zwar derartige Gegenanträge stellen kann, das Unternehmen sie wohl veröffentlichen muss, da sie aber in der Hauptversammlung selber nicht gestellt werden können, muss auch über sie nicht abgestimmt werden.

Eine Anfechtungsklage kann nicht darauf gestützt werden, dass Fragen nicht oder unzutreffend beantwortet worden sind. Sie können auch nicht darauf gestützt werden, dass die Hauptversammlung nur virtuell stattgefunden hat oder Regeln der elektronischen Kommunikation verletzt worden sind.

Die Einberufungsfristen für derartige Hauptversammlungen können dann auch im Jahr 2021 auf drei Wochen verkürzt werden.

Die Hauptversammlung kann im gesamten Jahr 2021 durchgeführt werden und muss nicht binnen acht Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres durchgeführt werden.

Ein Abschlag auf den Bilanzgewinn kann auch ohne Satzungsregelung gewährt werden.

 

2. GmbH

Für die GmbH bedeutet die Verlängerung insbesondere, dass Umlaufverfahren, jedenfalls soweit die Satzung keine anderweitige Bestimmung trifft, auch dann zulässig sind, wenn nicht alle Gesellschafter teilnehmen.

 

3. Verein und Genossenschaft

Bedeutsam ist diese Verlängerung auch für Vereine. Der Gesetzgeber hat hier vorgesehen, dass die vertretungsberechtigten Organe im Amt bleiben, obwohl ihre Amtszeit abgelaufen ist, wenn nicht anderweitig Beschluss gefasst wird. Auch bei Vereinen kann eine virtuelle Mitgliederversammlung durchgeführt werden, wobei jedoch die vorgenannten Erleichterungen, die für eine Aktiengesellschaft gelten (eingeschränkte Fragemöglichkeiten, eingeschränkte Angriffsmöglichkeiten) hier nicht gelten.

Auch für Genossenschaften werden die Regelungen des COVID-19-Gesetzes für das gesamte Jahr 2021 fortgelten.

Für Vereine und Genossenschaften ist derzeit noch ungeklärt, ob auch Beschlüsse über Umwandlungsmaßnahmen wie Verschmelzungen, Spaltungen oder Formwechsel in virtueller Anteilseignerversammlung beschlossen werden können.

 

4. Europäische Gesellschaft (SE)

Für die Europäische Gesellschaft konnte der deutsche Gesetzgeber keine Verlängerung der Sonderregelungen beschließen. Hier ist aber zu erwarten, dass die bereits seitens der EU für das Jahr 2020 festgelegten Sonderregelungen auch für das Jahr 2021 verlängert werden.

Bedeutsam ist letztlich, dass auch 2021 für Umwandungen nach dem Umwandlungsgesetz, d.h. vor allem für Verschmelzungen und Spaltungen, eine verlängerte Frist von 12 statt 8 Monaten für die Verwendung der Schlussbilanz als Verschmelzungsbilanz greifen wird. Die Fristen in § 17 UmwG werden insoweit auch für das Jahr 2021 verlängert.

Derzeit fehlt es noch an einer entsprechenden Anpassung für die umwandlungsteuerrechtlichen Fristen. Hier liegt aber auch ein Referentenentwurf vor.

 

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