Sinn gesellschaftsvertraglicher Güterstandsklauseln

I. Einführung

Soweit ein verheirateter Gesellschafter nicht im Güterstand der Gütertrennung oder im Güterstand der modifizierten Zugewinngemeinschaft lebt, werden in der Praxis in GmbH-Satzungen regelmäßig sogenannte Güterstandsklauseln vereinbart. Diese Klausel haben den Zweck, insbesondere die Liquidität der Gesellschaft durch die Möglichkeit eines Ausschlusses des betreffenden Gesellschafters zu schützen. Durch lauter gewordene Kritik in der Vergangenheit stellt sich inzwischen die Frage, ob derartige Güterstandsklauseln tatsächlich sinnvoll sind.

 

II. Auswirkungen und Gestaltung

1. Gründe für die Vereinbarung von Güterstandsklauseln

Zwei maßgebliche Gründe für die Vereinbarung von Güterstandsklauseln sind zum einen die Gefährdung der Rechtssicherheit von im Zusammenhang mit der Gesellschaft geschlossener Verträge aufgrund güterrechtlicher Verfügungsbeschränkungen (z.B. § 1365 BGB) und zum anderen die Gefährdung der Liquidität der Gesellschaft durch die Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen nach § 1371 BGB. In Bezug auf letzteren Grund besteht die Gefahr konkret darin, dass in den Gesellschaftsanteil eines Gesellschafters vollstreckt wird, soweit er den Zugewinnausgleichsanspruch nicht befriedigen kann. Dies kann wiederum dazu führen, dass die Gesellschaft, um die Vollstreckung zu verhindern, den betreffenden Gesellschafter ausschließt und ihn abfindet. Aber auch wenn dieser Fall nicht eintritt, muss das Unternehmen trotzdem bewertet werden, was einen großen Aufwand sowie die Störungen im Betriebsablauf nach sich ziehen kann. Zudem können Unternehmensinterna nach außen dringen [vgl. Werner, ZErb 2022, 5 (5 f.); Werner, ZErb 2014, 65; Lange, DStR 2013, 2706 (2707)].

Um in der Praxis derartigen Risiken vorzubeugen, werden in GmbH-Gesellschaftsverträgen regelmäßig Drittkontrahierungsklauseln vereinbart, die unter anderem durch Anordnung von Sanktionen, beispielsweise der Einziehung der Geschäftsanteile, zum Abschluss eines Ehevertrages in satzungskonformer Weise motivieren sollen, ohne dabei in die Eheschließungsfreiheit nach Art. 6 GG einzugreifen [vgl. Werner, ZErb 2022, 5 (6)].

 

2. Argumente gegen satzungskonforme Eheverträge

Derartige Eheverträge werden aus verschiedenen Gründen hinterfragt, da sie emotionalen Druck auf das neue Familienmitglied ausüben bzw. zum Schutz der Gesellschaft nicht erforderlich sind.    
Unter anderem besteht bereits nicht die Gefahr der Verletzung von Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft im Rahmen eines etwaigen Güterrechtsprozesses zwischen einem Gesellschafter und seinem Ehegatten, da die Offenlegung der für die Geschäftsanteilsbewertung benötigten Daten nur gegenüber der Finanzverwaltung erfolgt und den Mitarbeitern bei Vorliegen eines Geheimhaltungsinteresses ein Zeugnisverweigerungsrecht zustünde. Außerdem sind Verfahren vor den Familiengerichten nach § 170 GVG geheim.

Daneben besteht zudem unter anderem immer die Gefahr, dass der Ehevertrag nichtig ist und die Nichtigkeit auf einen etwaig vereinbarten Unterhaltsverzicht bei einer Gesamtabwägung der Wirksamkeit durch das Gericht auf das Güterrecht durchschlagen könnte. Ebenso verhält es sich mit der Nichtigkeit einer den Versorgungsausgleich ausschließenden Vereinbarung. Auch die Anwendung von ausländischem Güterrecht kann sich negativ auswirken [vgl. Werner, ZErb 2022, 5 (6); Milzer, NZG 2017, 1090 (1091 f.)].

Gegen diese Argumente spricht, dass gerade in Zeiten, in den Scheidungen keinen Ausnahmefall mehr darstellen, das Bedürfnis dafür besteht, dass diese nicht automatisch zu maßgeblichen Vermögenverschiebungen führt.

 

3. Zulässigkeit von Güterstandsklauseln

Der BGH hat 2017 für die Unternehmerehe festgestellt, dass der Anspruch auf Zugewinnausgleich nicht den Kernbereich des Art. 6 GG betrifft und somit durch einen Ehevertrag abbedungen werden kann. Um die Konterkarierung derartiger Regelungen durch die Anwendung ausländischen Rechts zu verhindern, kann eine Gerichtsstandsklausel in den Ehevertrag aufgenommen werden, wonach der Ehevertrag nach deutschem Recht beurteilt wird. Ebenso bietet sich die Aufnahme einer Schiedsklausel an, sodass die Parteien das anzuwendende materielle sowie das zu beachtenden Verfahren selbst wählen und somit die Folgen der Scheidung besser planen können [vgl. Werner, ZErb 2022, 5 (7)].

Eine Satzung kann einen Gesellschafter nicht zum Abschluss eines Ehevertrages verpflichten, da dies sittenwidrig und mithin nichtig wäre. Fraglich ist jedoch, ob die oben bereits dargestellten Sanktionen, wie z.B. der Gesellschafterausschluss, eine zulässige Möglichkeit darstellen.

Einer Ansicht nach sind Güterstandsklauseln immer sittenwidrig, da sie dem Schutzzweck des Ehevertrages widersprechen, der sich an einem Interessensausgleich der Eheleute orientiert und nicht an den Interessen Dritter, d.h. der Gesellschaft selbst bzw. ihren Gesellschaftern (vgl. Meincke, DStR 1991, 515 (517)). Daneben wird argumentiert, dass es unverhältnismäßig ist, einen Gesellschafter bei Nichtabschluss eines Ehevertrages aus der Gesellschaft auszuschließen, da der Nichtabschluss eines Ehevertrages nicht zwingend zur Folge hat, dass die Liquidität der Gesellschaft bedroht ist. Vielmehr kann der betroffene Gesellschafter im Einzelfall über ausreichend Privatvermögen verfügen oder nur geringe Gesellschaftsanteile halten, sodass nicht auf die Gesellschaft zurückgegriffen werden muss, insbesondere, wenn die Güterstandsklausel die Gütertrennung vorschreibt (vgl. Werner, ZErb 2022, 5 (8); Söbbeke, Drittkontrahierungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, 2013, 131 ff., 158 ff.).

Demgegenüber ist einzuwenden, dass es sehr wohl dem Interesse des Gesellschafter-Ehegatten entspricht, auch die Interessen der Gesellschaft im Rahmen des Ehevertrages zu berücksichtigen, da so der Fortbestand des Unternehmens und mithin ggf. auch der Fortbestand der Familie gesichert wird, soweit die Grenze eines sittenwidrigen Ehevertrages nicht überschritten wird (vgl. Gassen, RNotZ 2004, 424 (436); Hölscher, NJW 2015, 3057 (3058); Werner, ZErb 2022, 5 (7) m.w.N.).    

Daneben bringen Güterstandsklauseln den Gesellschaftern gar keine Vorteile, da bei der Vollstreckung in die Geschäftsanteile standardmäßig Ausschlussklauseln greifen und die nachfolgende Abfindung in der Regel gegenüber den Geschäftsanteilen geringer ausfällt. Zudem ist die Veräußerung von Geschäftsanteilen an außenstehende Dritte regelmäßig durch Vinkulierung ausgeschlossen, sodass lediglich eine Veräußerung an die Gesellschaft bzw. Mitgesellschafter möglich ist (vgl. Milzer, NZG 2017, 1090 (1094); Werner, ZErb 2022, 5 (7)). Güterstandsklauseln in Gesellschaftsverträgen stärken darüber hinaus die Verhandlungsposition des Gesellschafters gegenüber seinem Ehepartner und dienen als Verhandlungsdruckmittel zwischen beiden (vgl. ua Milzer, NZG 2017, 1090 (1093)).

Zusammenfassend sind Gütertrennung und die Sanktionierung in Form des Gesellschafterausschlusses zulässig und nicht sittenwidrig, sofern der Ausgeschlossene eine angemessene Abfindung erhält (vgl. Werner, ZErb 2022, 5 (8) m.w.N.).

Die Nichtigkeit eines Ehevertrages kann sich zudem aus der strukturellen Unterlegenheit eines Ehepartners ergeben, z.B. dann, wenn die angedrohten Sanktionen nicht nur für den Gesellschafterehegatten, sondern auch für dessen Ehepartner sowie gemeinsame Kinder wirtschaftliche Folgen hätten [Milzer, NZG 2017, 1090 (1092)].

Weiterhin soll sich die Sittenwidrigkeit einer Güterstandsklausel daraus ergeben, dass sie dieselbe Wirkung wie eine unzulässige Hinauskündigungsklausel hat, die deshalb unzulässig ist, weil sie durch die andauernde Drohung der Hinauskündigung den Gesellschafter dazu bringt, seinen Rechten und Pflichten nicht mehr nachzukommen, sondern sich vielmehr den anderen Gesellschaftern anzupassen.    

Dagegen ist jedoch einzuwenden, dass der Gesellschafterausschluss anhand eines sachlichen Grundes und für alle Gesellschafter gleichermaßen erfolgt, mithin nicht willkürlich ist (vgl. Werner, ZErb 2022, 5 (9) m.w.N.).    

Der BGH lässt Regelungen zu, die für den Erbfall die Möglichkeit der freien Hinauskündigung vorsehen, soweit dabei an den Erbfall als Tatbestandsmerkmal angeknüpft wird und die Hinauskündigung nur innerhalb einer engen Frist möglich ist. Wird dies nicht eingehalten, kann der Erbe ohne Frist jederzeit ausgeschlossen werden. Daraus ergibt sich, dass der Vorwurf der Hinauskündigung bei Güterstandsklauseln im Fall des Nichtvorliegens eines Ehevertrages vermieden werden kann, indem die Sanktion der Ausschließung in sachlicher und zeitlicher Hinsicht begrenzt wird [BGH NJW 1989, 834 (836)].

 

4. Ausgestaltung des Inhalts

Die Vereinbarung von Gütertrennung in Güterstandsklauseln sollte vermieden werden, da diese zur Erhöhung der Erbquote von Kindern gegenüber der des Ehegatten erhöhen kann wodurch sich wiederum Pflichtteilsansprüche der Kinder erhöhen können. Dies hätte negative Auswirkungen auf den Gestaltungsspielraum bezüglich der Unternehmensnachfolge. Zudem könnten dem Ehepaar dadurch steuerliche Vorteile entgehen, weshalb es ratsam ist, eine modifizierte Form der Zugewinngemeinschaft zu vereinbaren, um den Bedürfnissen der Gesellschaft Rechnung zu tragen [vgl. Hölscher, NJW 2016, 3057 (3060)].

Wie bereits dargestellt ist es unzulässig, einen Gesellschafter-Ehegatten zum Abschluss eines satzungsmäßigen Ehevertrages zu verpflichten, da dies zum einen eine unzulässige Regelung zu Lasten Dritter und zum anderen einen Verstoß gegen Art. 6 GG darstellen würde. Möglich ist somit nur, für den Fall des nicht satzungsmäßigen Abschlusses eines Ehevertrages als Sanktion den Ausschluss des betreffenden Gesellschafters zu vereinbaren, was jedoch gravierende Folgen für die Gesellschaft haben kann. Daneben besteht die Möglichkeit, dass der Gesellschafter an Stelle der Ausschließung nachweist, dass keine konkrete Gefährdung der Gesellschaft besteht, z.B. indem er ein ausreichendes Privatvermögen oder die Vereinbarung einer Ratenzahlung mit dem Ehegatten für den Fall eines Zugewinnausgleichsanspruchs nachweist.    

Alternativ besteht die Möglichkeit, das Stimmrecht desjenigen Gesellschafters, der gegen die Güterstandsklausel verstößt, für den Zeitraum des Verstoßes ruhen zu lassen, was insbesondere in Fällen, in denen der Gesellschafter in der Gesellschaft verbleiben soll, sinnvoll ist. Eine Grenze besteht hier nur, wenn mit dieser Maßnahme gegen das Wesen der GmbH verstoßen wird (BGHZ 14, 264). Die weitere Möglichkeit, eine Gewinnausschüttungssperre zu vereinbaren, besteht nur, soweit der betroffene Gesellschafter zustimmt [vgl. Werner, ZErb 2022, 5 (9 f.) m.w.N.; Wenckstern, NJW 2014, 1135 (1139 ff.)].

Am sinnvollsten ist es, die genannten Möglichkeiten der Sanktionierung zu kombinieren, um ein abgestuftes Vorgehen sowie einen Entscheidungsspielraum der Gesellschafter zu gewährleisten. Insbesondere wird so eine unverhältnismäßige Sanktionierung vermieden. Um die Effektivität der Drittkontrahierungsklauseln zu gewährleisten kann beispielsweise die Pflicht vereinbart werden, die Gesellschaft über familienrechtliche Veränderungen zu informieren. Auch auf die Berücksichtigung von eingetragenen Lebenspartnerschaften in Güterstandsklauseln sollte geachtet werden, da sich hier ähnliche Probleme wie die bei der Ehe ergeben können (Werner, ZErb 2022, 5 (10) m.w.N.).

 

III. Fazit

Es ist zulässig und zudem empfehlenswert, für den Nichtabschluss eines satzungsmäßigen Ehevertrages im Gesellschaftsvertrag Sanktionen anzudrohen, wobei der Ausschluss des betreffenden Gesellschafters ultima ratio sein sollte, um die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu wahren und ein abgestuftes Vorgehen zu ermöglichen.

Autor: Prof. Dr. Heribert Heckschen, Notar, Dresden

 

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