Scheidungsvereinbarungen

Seit Jahrzehnten bewegt sich die Zahl der Ehen, die durch Scheidung enden, auf einem Niveau von ungefähr 50 Prozent. Im Zusammenhang mit einer Scheidung fallen vielfältige Rechtsfragen an, deren Lösung nicht selten ohne juristische Hilfe nicht gelingt, andererseits aber bei einer Klärung vor Gericht erhebliche Gebühren bei Rechtsanwälten und Gerichten auslöst. Im Vordergrund stehen in der Regel vermögensrechtliche Fragen. Wie werden die gemeinsam angeschafften Vermögenswerte aufgeteilt? Wie wird bei der in der Regel bestehenden sog. Zugewinngemeinschaft ermittelt, wie viel Zugewinn jeder der Ehepartner in der Ehe erzielt hat und wie soll dieser Zugewinn ausgeglichen werden? Völlig überraschend ist für viele Ehegatten, dass im Rahmen des Zugewinnausgleichs auch Schenkungen, Erbschaften und Erhöhungen von Vermögenswerten, die schon bei Ehebeginn vorhanden waren, berücksichtigt werden. Im Rahmen des Zugewinnausgleichs ist es nämlich gesetzlich vorgesehen, dass die Wertsteigerung von sog. privilegiertem Vermögen (das sind Schenkungen, Erbschaften und das Anfangsvermögen) mit berücksichtigt werden. Es treten hier, wie aber auch bei der Bewertung des übrigen Vermögens, in aller Regel erhebliche Meinungsverschiedenheiten auf. Die Klärung über Sachverständige löst enorme Kosten aus und ist z.B. durch eine sog. Schiedsgutachterabrede zwischen den Beteiligten deutlich günstiger zu lösen.

Im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung wird auch über den sog. Versorgungsausgleich entschieden. Es wird in diesem Zusammenhang ermittelt, wie sich die Versorgungsanwartschaften der beiden Ehegatten während der Ehezeit entwickelt haben. Hier werden alle Versorgungsanwartschaften sowohl bei staatlichen Institutionen wie der BfA als auch private Renten, Betriebsrenten, Pensionsansprüche aus öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnissen etc. gegenübergestellt. Grundsätzlich ist ein hälftiger Ausgleich herbeizuführen, der sich auf die möglicherweise unterschiedlichen Entwicklungen der Anwartschaften während der Ehe bezieht.

Im Rahmen von Scheidungsvereinbarungen muss auch über Unterhaltsansprüche sowohl der Ehegatten untereinander gesprochen werden als auch über Unterhaltsansprüche von Kindern und den Rang unterschiedlicher Unterhaltsansprüche, die sich z.B. aus dem Nebeneinander von Unterhaltsberechtigten aus verschiedenen Beziehungen oder Ehen ergeben können. Nicht selten wird die Frage, wer welchen Umgang mit Kindern haben soll, kontrovers diskutiert und missbraucht, um anderweitige Interessen durchzusetzen.

Häufig ist den Eheleuten nicht bewusst, dass eine Scheidung nur nach Verstreichen eines sog. Trennungsjahres durchgeführt werden kann. Ist dieses Trennungsjahr noch nicht verstrichen und eine Scheidung weder eingereicht noch dem anderen Ehepartner zugestellt (rechtshängig), besteht auch noch gegenseitiges Erbrecht der Eheleute untereinander. Häufig ist dies aber gerade nicht gewünscht.

Viele Ehen, die nach Ansicht der Ehepartner keine Zukunft mehr haben und geschieden werden sollen, sind aber nicht so zerrüttet, dass die Ehepartner nicht vernünftig über die Scheidungsfolgen miteinander reden und ihre Vereinbarungen in einer sog. Scheidungsfolgenvereinbarung niederlegen können. Hier können alle oben genannten Aspekte geregelt werden, dies kann mit oder ohne Hilfe von Rechtsanwälten geschehen und hat zur Folge, dass im eigentlichen gerichtlichen Scheidungsverfahren dann nur noch der Ausspruch der Scheidung, der auch von den Eheleuten dann über einen einzigen Rechtsanwalt herbeigeführt werden kann, zum Gegenstand des Verfahrens wird. Dies spart enorme Kosten für die Beteiligten, ist aber auch psychologisch und emotional ein wesentlich besseres Ende einer Ehe als ein in jeder Hinsicht strittig durchgeführtes Scheidungsverfahren.

Es ist in unserer Praxis nicht selten, dass durch die Ehe gar keine ehebedingten Nachteile entstanden sind, etwa, weil aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen sind und jeder der Ehepartner sein Leben so weitergeführt hat, wie er es auch ohne Ehe hätte wirtschaftlich führen wollen. Dann steht häufig eine Vereinbarung im Raum, bei der alle Scheidungsfolgen ausgeschlossen werden. Jedenfalls soweit keine ehebedingten Nachteile entstanden sind, ist dies grundsätzlich zulässig. Allerdings haben der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht eine mittlerweile sehr detaillierte Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit von Scheidungsfolgenvereinbarungen (z.B. BGH v. 27.05.2020 – XII ZB 447/19, NJW 2020, 3243; BGH v. 29.01.2014 - XII ZB 303/13, NJW 2014, 1101; BGH v. 25.05.2005 - XII ZR 296/01, NJW 2005, 2386 – jeweils m.w.N.) erarbeitet, die insbesondere die Übervorteilung von einem der Ehepartner verhindern soll. Hier achten wir darauf, dass sowohl verfahrensmäßig als auch inhaltlich ausgewogene Vereinbarungen herbeigeführt werden.

In der Regel wird der Inhalt einer Scheidungsfolgenvereinbarung in einem Vorgespräch bei uns diskutiert, dann wird beiden Eheleuten ein Entwurf der Scheidungsvereinbarung zugestellt, der natürlich erst dann zur Beurkundung kommt, wenn zu jedem Punkt Einigkeit zwischen den Eheleuten besteht. Teilweise wollen die Eheleute nur Einzelaspekte der Scheidung außergerichtlich regeln, z.B. den sog. Zugewinnausgleich und Unterhaltsansprüche, nicht aber das Recht des Versorgungsausgleichs. Auch dies kann sinnvoll sein und spart enorme Gerichtsgebühren. Häufig koordinieren wir auch die von den anwaltlichen Vertretern der Eheleute erarbeiteten Vorschläge und lassen sie in einer notariellen Scheidungsvereinbarung münden. Dies bietet sich dann an, wenn große Kontroversen zwischen den Eheleuten zu den zu regelnden Punkten bestehen, insbesondere zur Frage der Ermittlung der Unterhaltsansprüche. Der Notar kann und darf hier nicht Vertreter einer der Parteien (Eheleute) sein. Er ist der geborene Vermittler und die unparteiische Komponente der Scheidungsfolgenvereinbarung.

Ausführliche Hinweise zur Thematik finden sich auf rund 16 Seiten auch bei Heckschen, in: Meyer-Götz, Familienrecht, 4. Aufl. 2018, § 15 Rn. 76 ff.

 

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