Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts – Die Neuregelungen sind am 01.01.2023 in Kraft getreten

Der lange Reformprozess ist abgeschlossen. Das angekündigte Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts wurde am 04.05.2021 verabschiedet und ist am 01.01.2023 in Kraft getreten.

Die Notwendigkeit einer Modernisierung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts ist bereits in der Vergangenheit vielfach laut geworden. So hat auch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BJVM) klargestellt: Das Vormundschaftsrecht ist durch zahlreiche Ergänzungen und Änderungen seit der Entstehungszeit des Bürgerlichen Gesetzbuchs aus dem Jahre 1896 unübersichtlich geworden. Überdies verwirklicht das Betreuungsrecht das Gebot größtmöglicher Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung, im Sinne von Art. 12 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13.12.2006, nicht zufriedenstellend.

Eine inhaltliche Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen ist vor diesem Hintergrund insgesamt zu begrüßen. Der nachstehende Beitrag soll einen ersten Überblick über einige ausgewählte wichtige Änderungen im Bereich des Vormundschafts- und Betreuungsrechts geben, die am 01.01.2023 in Kraft getreten sind. Abschließend soll auf die Auswirkungen dieser Reform auf das Gesellschaftsrecht eingegangen werden.

 

I. Die wichtigsten Änderungen im Überblick

1. (Minderjährigen-)Vormundschaftsrecht

Im Rahmen der Reform gab es zunächst nennenswerte Neuerungen im Bereich des (Minderjährigen-)Vormundschaftsrechts. Zahlreiche Bestimmungen (u.a. zur Vermögenssorge, zur gerichtlichen Aufsicht und zum Aufwendungsersatz/ zur Vergütung) wurden aus dem (Minderjährigen-) Vormundschaftsrecht in das Betreuungsrecht verschoben, wodurch die Rechtsanwendung vereinfacht wurde. Daneben wurden die Rechte des Mündels gestärkt, die Pflichten des Vormunds dagegen stärker betont. Das Recht der Eltern auf die Benennung oder den Ausschluss eines Vormunds ist nun einheitlich in § 1782 BGB geregelt und erfolgt durch letztwillige Verfügung. Für Vormundschaftsvereine galt früher ein Vergütungsverbot nach § 1836 Abs. 3 BGB a.F. Dieses Verbot wurde gestrichen und eine Vergütung der Vormundschaftsvereine im Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) in dessen § 13 eingefügt.

 

2. Vorsorgevollmacht

Daneben gab es zahlreiche Änderungen im Bereich der Vorsorgevollmacht und der Kontrollbetreuung. Als Möglichkeit zur privatrechtlichen Vorsorge hat sich die Vorsorgevollmacht bereits in der Vergangenheit bewährt und sollte durch die Reform gefördert werden. Gegenüber der Betreuerstellung genießt die Vorsorgevollmacht grundsätzlich Vorrang (vgl. § 1814 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB). In dem neu gestalteten § 1820 BGB sind nun verschiedene Regelungen zur Vorsorgevollmacht und Kontrollbetreuung gebündelt zusammengefasst. So enthält § 1820 Abs. 2 BGB ein Schriftform- und Ausdrücklichkeitserfordernis für besonders schwerwiegende Eingriffe in höchstpersönliche Rechtsgüter. Überdies sind die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Bestellung eines Kontrollbetreuers nun gesetzlich normiert und in § 1820 Abs. 3 BGB verankert. Neu ist die Möglichkeit der zeitweisen Suspendierung der Vollmacht durch das Betreuungsgericht, gem. § 1820 Abs. 4 BGB. Der Widerruf der Vollmacht ist in § 1820 Abs. 5 BGB geregelt. Er kann durch einen Betreuer ausgeübt werden, ist als Ultima Ratio aber an strenge Voraussetzungen geknüpft und bedarf der betreuungsgerichtlichen Genehmigung.

Auch nach der Reform besteht die Möglichkeit der Behörde, Unterschriften auf Vorsorgevollmachten öffentlich zu beglaubigen, § 7 Abs. 1 BtOG (früher § 6 Abs. 2 S. 1 BtBG a.F.). Neu ist jedoch, dass nach § 7 Abs. 1 S. 2 BtOG die Wirkung der öffentlichen Beglaubigung mit dem Tod des Vollmachtgebers endet, wenn die Beglaubigung seit dem 01.01.2023 stattgefunden hat, § 34 BtOG. Sollten entsprechende Vollmachten verwendet werden, empfiehlt sich daher ein Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 7 Abs. 1 S. 2 BtOG. Ausgenommen von der Gesetzesänderung bleiben jedoch notarielle Beglaubigungen, sodass eine notariell erteilte transmortale Vollmacht in jedem Fall die Voraussetzungen des § 29 GBO erfüllt und so eine Aufwertung erfährt.

Durch die Reform stellt sich auch die Frage, ob Verweisungen einer Vollmacht in das alte Betreuungsrecht, insbesondere hinsichtlich der Befugnis zu Schenkungen, als statisch oder dynamisch zu werten sind. Zwar spräche für eine statische Verweisung, dass der Vollmachtgeber die Vollmacht an Grenzen binden will, die bei der Erteilung bestanden haben. In der Konsequenz hat der Bevollmächtigte nun aber eine schlechtere Stellung als ein Betreuer. Hingegen spricht für eine dynamische Verweisung, dass der Vollmachtgeber in das gesetzliche Regelungsmodell des Betreuers, mit dem Wissen vertraut hat, dass sich dieses ändern kann. Da privatautonom nicht das Erfordernis einer gerichtlichen Genehmigung begründet werden kann, scheint es im Fall einer Schenkung naheliegend, darauf abzustellen, ob diese bei Vornahme durch einen Betreuer zu genehmigen wäre. Bei unsicherer Rechtslage empfiehlt es sich, vorsorglich einen Betreuer bestellen zu lassen.

 

3. Rechtliche Betreuung

Weiterhin wurde der Rechtsrahmen der rechtlichen Betreuung ins Auge gefasst. Im Mittelpunkt der zahlreichen Neuerungen steht die Selbstbestimmung der betreuten Person. Die rechtliche Betreuung ist nun in den §§ 1814 - 1881 BGB gebündelt geregelt. Um dem Gebot größtmöglicher Selbstbestimmung des Betreuten gerecht zu werden, ist die rechtliche Betreuung danach auszurichten, dass der Betreute „im Rahmen seiner Möglichkeiten sein Leben nach seinen Wünschen gestalten kann“ (§ 1821 Abs. 2 BGB). Damit ist die Feststellung und Befolgung der Wünsche des Betreuten die handlungsleitende Maxime, wie z.B. hinsichtlich der Person des Betreuers gem. § 1816 Abs. 2 BGB. Seit der Reform dürfen jedoch Personen, die in einer engen Beziehung zu dem Träger von Einrichtungen oder Diensten stehen, die in der Versorgung des Volljährigen tätig sind, nicht zum Betreuer bestellt werden, § 1816 Abs. 6 S. 1 BGB. Eine Ausnahme kann nur gemacht werden, wenn ein Interessenkonflikt ausgeschlossen ist. Bei Verstoß wird die Bevollmächtigung zwar nicht unwirksam, es gilt aber nicht mehr die Subsidiarität der rechtlichen Betreuung, § 1814 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB.

Überdies haben die Vorschriften zur Vermögensverwaltung ihren Standort unmittelbar im Betreuungsrecht und sind damit spezifisch auf das Betreuungsrecht ausgerichtet. Der Betreuer hat nach § 1839 BGB für laufende Aufgaben Verfügungsgeld bereitzuhalten und gem. § 1841 BGB Anlagengeld, welches nicht für die Aufgaben nach § 1839 BGB benötigt wird, anzulegen. Wertpapiere sind seit dem 01.01.2023 bei einem Kreditinstitut zu verwahren (§ 1843 BGB). Diese Vorschriften sollen nach der Intention des Gesetzgebers nur dann zur Anwendung kommen, wenn der Betreuer keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für einen von diesen Vorschriften abweichenden mutmaßlichen Willen des Betreuten hat. Auch wurde die Vorschrift zum Vermögensverzeichnis in § 1835 BGB deutlich umfassender ausgestaltet. Zur Erstellung eines solchen Verzeichnisses kann auch ein Notar herangezogen werden. Des Weiteren besteht die Pflicht am Anfang der Betreuung einen Anfangsbericht zu erstellen, § 1863. Neu ist auch ein umfassendes Auskunftsrecht von Angehörigen in § 1822 BGB, dass den Ausschluss wichtiger Bezugspersonen verhindern, sowie mehr Kontrolle ermöglichen soll.

Nach § 30 BtOG besteht nun eine gesetzliche Verpflichtung für berufliche Betreuer zur Ausschlagung der Erbschaft. Ein Verstoß führt zwar nicht zur Unwirksamkeit der Verfügung, hat aber berufsrechtliche Konsequenzen, vgl. § 27 Abs. 1 S. 1 BtOG. Der Notar sollte folglich zumindest einen Hinweis auf § 30 BtOG in die Urkunde aufnehmen, wenn der Zuwendungsempfänger Betreuer ist. Zu beachten bleibt, dass die Erfassung von Verfügungen, die dem Betreuer zu Lebzeiten des Betreuten nicht bekannt waren, einen ungerechtfertigten Eingriff in die Testierfreiheit des Betreuten und die Erbfreiheit des Betreuers gem. Art. 14 Abs. 1 GG darstellen könnte.

Neuerungen haben sich auch im Hinblick auf gerichtliche Genehmigungsvorbehalte ergeben. So enthält § 1833 Abs. 1 Nr. 4 BGB einen betreuungsgerichtlichen Genehmigungsvorbehalt für Verfügungen über Rechte an Grundstücken, sofern diese mit der Aufgabe von Wohnraum des Betreuten verbunden sind. Zwar wurden § 1821 I Nrn. 1 – 3 BGB a.F. in § 1850 Nrn. 1 – 3 BGB übertragen. § 1821 II BGB wurde jedoch nicht übernommen, wonach zu den bezeichneten Rechten keine Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden zählen. Während der unentgeltliche Erwerb von Grundstückseigentum genehmigungsfrei bleibt, wird er in § 1850 Nr. 4 BGB für Wohnungs- oder Teileigentum ausdrücklich unter den Genehmigungsvorbehalt gestellt. Auch umfasst das Genehmigungsbedürfnis des § 1850 Nrn. 1 – 4 nach Nr. 5 BGB das Verpflichtungs- und das Verfügungsgeschäft. Schließlich ist auch die früher weitgehend unzulässige Schenkung durch einen Betreuer zulässig, teils aber genehmigungsbedürftig, § 1854 Nr. 8 BGB.

 

4. Gesetzliches Notvertretungsrecht für Ehegatten

Neu ist außerdem die Einführung eines zeitlich begrenzten Rechts der Ehegatten auf gegenseitige gesetzliche Vertretung in Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge (§ 1358 BGB). Nach früherer Rechtslage konnten sich Ehegatten nicht allein kraft Eheschließung gegenseitig in Gesundheitsangelegenheiten vertreten, ohne dass eine Vorsorgevollmacht bestehen oder der andere Ehegatte zum gesetzlichen Betreuer bestellt werden musste. § 1358 BGB sieht nun ein gesetzliches Notvertretungsrecht für Ehegatten vor, soweit es dem anderen Ehegatten aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit nicht möglich ist, in seinen Gesundheitsangelegenheiten selbst zu entscheiden. Weitere Angelegenheiten, die von dem Vertretungsrecht umfasst sind, sind im Katalog von § 1358 Abs. 1 Nrn. 1 - 4 BGB abschließend aufgeführt.

Gem. § 1358 Abs. 3 Nr. 2a BGB besteht das Ehegattennotvertretungsrecht jedoch nicht, wenn dem vertretenden Ehegatten oder dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass der vertretene Ehegatte die Vertretung ablehnt. Diese Ablehnung kann auch isoliert oder in Kombination mit anderen Vorsorgeangelegenheiten in das Vorsorgeregister eingetragen werden, § 7 Abs. 1 VRegV. Dasselbe gilt gem. § 9 VRegV für eine isolierte Patientenverfügung. Das Vertretungsrecht kann auch explizit in der Vorsorgevollmacht ausgeschlossen werden. Wird die Vollmacht jedoch widerrufen, lebt das gesetzliche Notvertretungsrecht automatisch wieder auf, wenn keine weitere Ablehnung erklärt wurde, die dem Ehepartner oder Arzt bekannt ist. Ungeklärt ist, ob die Ablehnung eine rein innere Haltung oder eine Willenserklärung sein muss und daher Geschäftsfähigkeit fordert. Für den Notar ist es daher am sichersten, bei der Beurkundung auf die Geschäftsfähigkeit abzustellen.

Relevanz gewinnen Eintragungen in das ZVR vor dem Hintergrund, dass ab dem 01.01.2023 alle approbierten Ärztinnen und Ärzte die Möglichkeit haben, in das Vorsorgeregister Einsicht zu nehmen, wenn die Auskunft für die Entscheidung über eine dringende medizinische Behandlung erforderlich ist, § 78b Abs. 1 S. 1, 2 BNotO. Betreuungsgerichte haben gem. § 285 Abs. 1 S. 1 FamFG die Pflicht vor Betreuerbestellung Einsicht in das ZVR zu nehmen und zu ermitteln, ob eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung registriert ist.

Die neue Rechtslage wird auch in der angepassten Vorsorgeregister-Gebührensatzung abgebildet, die nun „ZVR-GebS“ abgekürzt wird. In den neu eingefügten § 7 ZVR-GebS wurde die Satzung um die registrierungsfähigen Vorsorgeangelegenheiten des Widerspruchs gegen das Ehegattennotvertretungsrecht in Gesundheitsangelegenheiten und die isolierte Patientenverfügung erweitert.

Schließlich ist das Vertretungsrecht ausgeschlossen, sofern die Ehegatten getrennt leben. Das Notvertretungsrecht beschränkt sich in personeller Hinsicht auf die Ehegatten und in zeitlicher Hinsicht auf drei Monate. Das Vertretungsrecht soll den Zeitraum im Anschluss an die Akut-Versorgung nach einem Unfall oder einer schweren Erkrankung abdecken, bis der gesundheitlich beeinträchtigte Ehegatte wieder in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen.

 

5. Änderungen im Erbrecht

Einige Änderungen haben sich durch die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts auch für das Erbrecht ergeben. § 1851 BGB bündelt nun die betreuungsrechtlichen Genehmigungstatbestände für erbrechtliche Rechtsgeschäfte. So werden in § 1851 BGB die Anfechtung des Erbvertrags (§ 2282 BGB), die Aufhebung des Erbvertrags für einen betreuten Vertragspartner und das Genehmigungserfordernis für die Rücknahme eines Erbvertrages aus der amtlichen Verwahrung zusammengefasst.

 

6. Auswirkungen auf das Gesellschaftsrecht

Auswirkungen hatte die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts auch auf das Gesellschaftsrecht. Denn sowohl Minderjährige als auch unter Betreuung stehende Personen können sich grundsätzlich in unterschiedlicher Form an Gesellschaften beteiligen. Berührt wurden durch die Reform etwa Fragen der Vertretung von Minderjährigen und unter Betreuung stehender Personen durch deren gesetzliche Vertreter, die Notwendigkeit der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers sowie das Erfordernis familien- oder betreuungsrechtlicher Genehmigungen, welche von Gründung einer Gesellschaft an notwendig werden, überdies die Übertragung von Gesellschaftsanteilen bis hin zur Umwandlung und Auflösung einer Gesellschaft betreffen. Aufgrund der Vielzahl von gesellschaftsrechtlich relevanten Neuregelungen sollen im Folgenden lediglich ausgewählte Änderungen beispielhaft benannt werden, im Fokus die familien- und betreuungsrechtliche Genehmigung.

  • Für die Unternehmensnachfolge unter Beteiligung von Minderjährigen an Familienunternehmen sind zunächst die Neuregelungen der Vorschriften zur Pflegschaft von Bedeutung. Die §§ 1809 - 1813 BGB regeln nun die Pflegschaft für Minderjährige. In diesem Zusammenhang finden nach § 1813 BGB die auf die Pflegschaften geltenden Vorschriften für die Vormundschaft entsprechende Anwendung, soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt.

  • Neugestaltet wurde ferner der Katalog genehmigungsbedürftiger Rechtsgeschäfte in § 1852 BGB. Es wird nicht mehr zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften differenziert und Verfügungen über Gesellschaftsanteile werden grundsätzlich dem gerichtlichen Genehmigungserfordernis unterworfen (§ 1852 Nr. 1 lit. b BGB).

  • Weiterhin wird kein Entgeltlichkeitserfordernis mehr in § 1852 Nr. 1 lit. b BGB vorausgesetzt, wodurch ein Genehmigungserfordernis auch für Schenkungen besteht.

  • Wichtige Änderungen haben sich aber vor allem durch die Modifikation von § 1854 Nr. 4 BGB (früher § 1822 Nr. 10 Alt. 1 BGB a.F.) ergeben, welcher nun – anders als vor der Reform – die Haftung des Betreuten für eine Verbindlichkeit ausnimmt, die sich lediglich als Nebenfolge eines anderen Rechtsgeschäfts ergibt. Dies diene laut Regierungsbegründung der Klarstellung, da andernfalls der Tatbestand der Vorschrift – weit über seinen Zweck hinaus – alle gesetzlichen Folgen erfassen würde. Nach der früheren Auslegung der Norm durch Rechtsprechung und Schrifttum war aber gerade nicht erforderlich, dass die Übernahme der fremden Verbindlichkeit auf einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung beruht hätte, ausreichend sei vielmehr gewesen, dass die Haftung für eine fremde Schuld gesetzliche Folge eines Rechtsgeschäfts war. Als Grund dafür wurde angeführt, dass es für den Schutz des Minderjährigen bzw. Betreuten keinen Unterschied machen dürfte, ob die Haftung bloße gesetzliche Folge eines Vorgangs war. Durch die Änderung werden also nur noch Rechtsgeschäfte erfasst, bei denen die Übernahme der subsidiären Haftung unmittelbar Inhalt des Geschäftswillens der Parteien ist.

 

II. Fazit

Wie bereits eingangs erwähnt, ist die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts insgesamt zu begrüßen. Insbesondere die Neuerung zur Vorsorgevollmacht gem. § 1820 BGB tragen dem Bedürfnis Rechnung, potenziellen Missbrauchsfällen entgegenzuwirken, welche häufig darauf zurückzuführen sind, dass die Kontrolle eines privatautonom bestellten Bevollmächtigten begrenzt ist. Die novellierte Regelung stellt begrüßenswerte Instrumente bereit. So kann nach § 1820 Abs. 4 BGB vor allem eine wirksame Vollmacht vorübergehend „suspendiert“ werden, ohne sie gleich widerrufen zu müssen.

Weniger gelungen sind dagegen die Regelungen zum Ehegattenvertretungsrecht in Gesundheitsangelegenheiten. Die Prüfung der Voraussetzungen von § 1358 BGB gestaltet sich insbesondere aus praktischer Sicht eines behandelnden Arztes problematisch, denn dieser wird das Vorliegen der Vertretungsvoraussetzungen in einer Situation, in der medizinische Entscheidungen innerhalb kürzester Zeit zu treffen sind, regelmäßig nicht überprüfen können. Ob der Vollmacht des „vertretungsberechtigten“ Ehegatten rechtliche Hindernisse entgegenstehen – etwa, wenn die Ehegatten getrennt voneinander leben – kann daher unter Umständen nicht rechtzeitig überprüft werden. In diesen Fällen besteht insoweit die Gefahr des Missbrauchs des Ehegattenvertretungsrechts.

Das Notvertretungsrecht der Ehegatten könnte sich überdies negativ auf die Errichtung von Vorsorgevollmachten auswirken. Denn, wenn sich Ehegatten allein durch das neu geschaffene Notvertretungsrecht abgesichert fühlen, obwohl dieses auf drei Monate begrenzt ist, besteht die Gefahr, dass diese eine Errichtung privatautonomer Vorsorge unterlassen.

Im Gesellschaftsrecht hat vor allem die gesetzgeberische Neuregelung von § 1854 Nr. 4 BGB erhebliche Veränderungen mit sich gebracht. Denn ein Genehmigungserfordernis kommt nun nicht mehr in Betracht, wenn die Übernahme einer Verbindlichkeit bloße Nebenfolge des Rechtsgeschäfts ist. Ausgenommen sind damit etwa mögliche Fälle einer Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG.

 

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