Preisgleitklauseln und Verzug wegen höherer Gewalt (Corona, Personalmangel, Krieg usw.)

Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Personalmangel stellen Bauträger vor zwei weitere Herausforderungen: Preissteigerungen und Lieferschwierigkeiten. Hier stellt sich die Frage, wie darauf zu reagieren ist und ob dies vertraglich geregelt werden kann. Reaktionsmöglichkeiten könnten die Vereinbarung von Preisanpassungs- und Verzugsklauseln sein.   

 

1. Preisgleitklauseln / Preisanpassungsklauseln

Der Bauträger könnte mittels einer Preisgleit- oder Preisanpassungsklausel einen Teil der erhöhten Kosten auf den Vertragspartner abwälzen. Es ist aber zu beachten, dass das Kalkulationsrisiko üblicherweise gerade allein beim Bauträger liegt. Um dieses abzuwälzen, müsste ein sachlicher Grund vorliegen. Ob ein sachlicher Grund vorliegt, ist naturgemäß eine Einzelfallentscheidung und kann nicht pauschal beantwortet werden. Jedoch muss an den sachlichen Grund ein hoher Maßstab angelegt werden, sodass dieser praktisch wohl nie gegeben sein wird. Zumindest im Hinblick auf die Preissteigerungen aufgrund der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs wird ein sachlicher Grund wohl zu verneinen sein, da die Preissteigerungen zumindest dem Grunde nach für den Bauträger vorhersehbar sind.

Im Hinblick auf das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist es empfehlenswert, eine absolute Obergrenze zu vereinbaren, bis zu der der Vertragspartner die Mehrkosten zu tragen hat.

Die überwiegende Meinung in der Literatur rät jedoch von der Verwendung solcher Preisklauseln ab, da diese Klauseln kaum transparent gestaltet werden können und das Kalkulationsrisiko typischerweise allein beim Bauträger liegt (vgl. Esbjörnsson, in: Beck’sches Notar-Handbuch, 7. Aufl. 2019, § 2 Rn. 198).

 

2. Verzug

Um auf das durch Lieferschwierigkeiten bedingte Verzugsrisiko zu reagieren, könnten Verzugsklauseln in den Bauträgerverträgen vereinbart werden, durch die der Bauträger nicht in Verzug geraten kann.
Eine Verzugsklausel, die den Fertigstellungstermin offen lässt, dürfte jedoch nicht den Anforderungen der § 650 k Abs. 3 BGB und § 308 Nr. 1 BGB entsprechen. § 650 k Abs. 3 BGB setzt die verbindliche Angabe eines Fertigstellungszeitpunktes voraus. Da es sich bei den Bauträgerverträgen regelmäßig um Verbraucherverträge handeln wird, muss die Angabe des Fertigstellungszeitpunktes nach § 308 Nr. 1 BGB hinreichend bestimmt sein. Eine Verzugsklauseln, die den Termin offen lässt, ist nicht hinreichend bestimmt.

Möglich ist die Aufnahme einer „Höhere Gewalt“-Klausel, die die Haftung des Unternehmers bei Verzögerung durch höhere Gewalt ausschließt. Auch unabhängig von der Verwendung einer solchen Klausel haftet der Bauträger nicht, wenn ihn kein Verschulden trifft, § 286 Abs. 4 BGB. Es ist jedoch fraglich, ob Materialmangel, der bspw. durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurde, noch ein unvorhersehbares Ereignis darstellt und unter den Begriff der höheren Gewalt fällt. Auch hier lässt sich wohl keine pauschale Aussage treffen, da es sich letztlich um eine Einzelfallentscheidung handelt.

Jedenfalls dürfte Personalmangel nicht unter den Begriff der höheren Gewalt fallen, da die Einstellung geeigneten Personals typischerweise in der Risikosphäre des Bauträgers liegt. Liegt ein Fachkräftemangel vor, fehlt es an einem betriebsfremden Eingriff, sodass keine höhere Gewalt vorliegt. Anders hingegen ist der Fall zu beurteilen, wenn der Personalmangel Corona bedingt entstanden ist. Hierzu hat das KG entschieden, dass es an einem Verschulden des Bauträgers im Sinne des § 286 Abs. 4 BGB fehlt (BeckRS 2022, 11776, Rn. 20.). Voraussetzung ist jedoch, dass der Bauträger dies ausreichend dokumentiert hat und nachweisen kann. Zu beachten ist jedoch, dass der Bauträgervertrag, der dem Urteil des KG zugrunde liegt, bereits im Jahr 2017 abgeschlossen wurde. Möglicherweise würde der Fall anders entschieden, wenn der Vertrag im Jahr 2022 abgeschlossen werden würde.

 

3. Fazit

Es bleibt also festzustellen, dass Preisanpassungsklauseln, wenn überhaupt, nur in sehr engen Grenzen zulässig sein dürften. Von der Vereinbarung solcher Klauseln ist daher abzuraten.
Im Hinblick auf die Verzugs-Problematik stellen Verzugsklauseln keine geeignete Lösung dar. Lediglich die Vereinbarung einer „Höhere-Gewalt“-Klausel bezüglich des Verzugs aufgrund Material- oder Personalmangels ist ratsam. Zudem ist Bauträgern zu raten, großzügige Fertigstellungsfristen zu vereinbaren und eventuelle Corona bedingte Verzögerungen im Hinblick auf ein fehlendes Verschulden genau zu dokumentieren.

 

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