"Öffnungsklauseln in GmbH-Satzungen"

Abstract

"In einer aktuellen Entscheidung hat der II. Zivilsenat ua gleich über zwei für die Praxis relevante Themenkomplexe des GmbH-Rechts entschieden. Dies betrifft einerseits die Reichweite der formellen Legitimationswirkung der Gesellschafterliste (hierzu Heckschen, NZG 2019, 1097) und andererseits die Zulässigkeit der Einsetzung eines Aufsichtsrats aufgrund einer so genannten „Öffnungsklausel“. Letzterer Thematik widmet sich der vorliegende Beitrag. Sein Hauptanliegen besteht darin, die bedenkliche Aufweichung der Funktion der GmbH-Satzung als Hauptträger der Grundstruktur der Gesellschaft durch den BGH durch Anerkennung (doppelter) Öffnungsklauseln aufzuzeigen. Es wird auf diese Weise einem Bedürfnis in der Praxis nach größtmöglicher Flexibilität Rechnung getragen. Dies allerdings unter bedenklicher Aufgabe eines zentralen Prinzips des deutschen Handelsregistersystems: der Transparenz."

 

Fazit

"Ein Aufsichtsrat, Beirat oder vergleichbares Organ, dem zumindest Kontrollbefugnisse bei der GmbH zugewiesen werden sollen, kann nur eingerichtet werden, wenn die Satzung dies zulässt. Aufgrund der Entscheidung des II. Zivilsenats steht weiterhin fest, dass es nicht ausreichend ist, per Satzung eine Öffnungsklausel vorzusehen, aufgrund derer die Einrichtung eines Aufsichtsrats generell ermöglicht wird, wenn nicht gleichzeitig die Zuständigkeiten des Aufsichtsrats im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden. Eine solche Klausel ist zu unbestimmt und damit unzulässig. Ist die Öffnungsklausel in der Satzung vorgesehen und legt die Satzung die Grundstrukturen, die für den Aufsichtsrat gelten, fest, dürfen Details offenbleiben. Es sind so genannte „doppelte Öffnungsklauseln“ zulässig, die einerseits festlegen, dass die Gesellschafterversammlung – und zwar ohne Mitwirkung des Notars und des Handelsregisters – einen Aufsichtsrat einrichten kann (erste Öffnung), und andererseits darüber befinden kann, welche Zuständigkeiten dem Aufsichtsrat dann zugewiesen werden und ob er zB die Zuständigkeit erhält, die Geschäftsführer zu bestellen oder abzuberufen (zweite Öffnung). Die Satzung kann es weiterhin ins freie Belieben der Gesellschafter stellen, diese Zuständigkeit ganz oder teilweise zuzuweisen und wieder zu entziehen. All diese Beschlüsse bedürfen grundsätzlich nur der einfachen Mehrheit und sind weder zu beurkunden noch ins Handelsregister einzutragen. Legt man die Auffassung des II. Senats zugrunde, dürften sie wohl auch gar nicht eintragungsfähig sein. Es ist also zulässig, per einfachem Gesellschafterbeschluss den Aufsichtsrat zu benennen und dann in einem zweiten, möglicherweise auch späterem Schritt, aus einer Option, die die Satzung festlegt, auszuwählen und zu bestimmen, welche Zuständigkeiten der Aufsichtsrat hat und diese Zuständigkeiten auch wiederum zu verändern. Die Entscheidung des II. Zivilsenats mag für die Praxis erfreulich sein, weil sie zusätzliche Flexibilität bringt bzw. gelebte Flexibilität aus der Vergangenheit als zulässig bestätigt. Will man diese zusätzliche Flexibilität, sollte aber bis zum Ende durchdacht werden, welche Zuständigkeiten übertragen werden können. Die Entscheidungsbefugnis darüber, ob die Geschäftsführer auch von § BGB § 181 BGB befreit werden können, sollte einem als „stark“ erwünschten Aufsichtsrat auch zugewiesen werden. Die Transparenz des Handelsregisters leidet jedoch unter dieser Rechtsprechung. Der Rechtsverkehr kann allein aufgrund einer Einsicht in das Handelsregister nicht mehr feststellen, welche Grundstrukturen eine Gesellschaft hat. Dies ist bedenklich."

 

Quelle: 

Autor: Heckschen
Fundstelle: NZG 2019, 1281

 

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