Die wichtigsten Änderungen des Umwandlungsrechts ab 01.03.2023

Ab dem 01.03.2023 gilt das neue Umwandlungsrecht. Mit diesem Tag wurde die Richtlinie über grenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel, die am 01.01.2020 in Kraft trat, vom deutschen Gesetzgeber umgesetzt. Es soll ein rechtssicheres, unionweit kompatibles Verfahren für grenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel unter Beteilung von AG, KGaA und GmbH bereitgestellt werden. Zudem wurde das sog. Spruchverfahren reformiert, um das Verfahren zu beschleunigen, ohne die Rechte der Beteiligten zu beschneiden.

Die grenzüberschreitende Verschmelzung wird in den §§ 305 - 319 UmwG, die grenzüberschreitende Spaltung in den §§ 320 - 332 UmwG und der grenzüberschreitende Formwechsel in den §§ 333 - 345 UmwG geregelt. Durch die Übernahme des Begriffs des „grenzüberschreitenden Formwechsels“ wurde weiterhin der noch in der deutschen Fassung der Umwandlungsrichtlinie verwendete Oberbegriff der „grenzüberschreitenden Umwandlung“ vermieden, da dieser alle drei Verfahren einschließt und nicht nur den Formwechsel als solchen meint.

 

I.    Verfahrensabläufe

Die Verfahrensabläufe der grenzüberschreitenden Verschmelzung, Spaltung und Formwechsel sind weitgehend analog zueinander. Sollte es Abweichungen in einem der Umwandlungsprozesse geben, werden diese mit aufgezeigt. Sofern im Folgenden von Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel und deren Oberbegriff der Umwandlung gesprochen wird, bezieht sich dieses auf die korrespondierenden grenzüberschreitenden Verfahren. Die nationalen Verfahren, werden als solche gekennzeichnet.

Das Verfahren teilt sich in drei Phasen auf: das Vorverfahren, eine Beschlussphase und eine Vollzugsphase, die in §§ 305 - 319 UmwG (Verschmelzung), 320 - 332 UmwG (Spaltung) und 333 - 345 (Formwechsel) UmwG geregelt sind. In der Vorverfahrensphase wird ein Plan zur jeweiligen Umwandlung aufgestellt, ein Bericht dazu erstellt, eine Prüfung durchgeführt und schließlich folgt die Bekanntmachung des Plans.
Dazu wird in der Vorbereitungsphase bei der Verschmelzung, ebenso wie bei der Spaltung außerhalb konzerninterner Vorgänge eine Unternehmensbewertung durchgeführt. Bei jeder Verschmelzung, Spaltung und einem Formwechsel wird zusätzlich ein Verhandlungsgremium der Arbeitnehmer gebildet, wenn die Umstrukturierung mitbestimmungsrelevant ist. Es sollen sowohl bei der Bildung des Verhandlungsgremiums der Arbeitnehmer als auch bei allen anderen Vorgängen nur Umwandlungen erfasst sein, bei denen die sich umwandelnde Gesellschaft in den letzten sechs Monaten vor Offenlegung des Spaltungsplans mehr als 4/5 der Zahl der Arbeitnehmer, die für eine Mitbestimmung in der Gesellschaft maßgeblich sind, beschäftigt hat, § 332 S. 1 UmwG. In Deutschland wären dies 400 Arbeitnehmer.

 

1.    Planaufstellung und -inhalt

Der Verschmelzungsplan muss Mindestangaben enthalten, worunter neu auch der Errichtungsakt des Zielträgers und deren Satzung anzugeben ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 UmwG). Es ist weder aus dem Gesetz, noch aus dem Vorschlag ersichtlich, wie die einzureichende Dokumentation der Errichtung auszusehen hat. Eine Gründungsurkunde und -satzung wären wohl die Dokumente der Wahl. Sollte die Gesellschaft durch eine Umwandlung entstanden sein, so ist es vorsorgliche ratsam auch die Umwandlungsurkunde mit einzureichen. Weiterhin sind Angaben über das Umtauschverhältnis und die Barabfindung (Nr. 2), die Auswirkung auf die Betriebsrenten (Nr. 16), die Gläubigersicherheiten (Nr. 14) zu machen. Ein indikativer Zeitplan ist bei einer Spaltung und einem Formwechsel aufzunehmen, nicht aber bei einer Verschmelzung. Alle drei Pläne sind notariell zu beurkunden (§§ 307 Abs. 4, 322 Abs. 4, 335 Abs. 3 UmwG).

Bei einer Spaltung wird auf die Regelungen zur Planung des § 307 UmwG verwiesen, daraus fällt jedoch Nr. 15 weg. Weiterhin sind bei Abspaltung und Ausgliederung Angaben zu etwaigen Satzungsänderungen der übertragenden Gesellschaft zu machen, § 322 Abs. 2 Nr. 2 UmwG. Weiterhin müssen die zu übertragenden Gegenstände mit ihrer Zuteilung und Bezeichnung neben vergessenen Aktiva im Plan aufgenommen werden (§ 322 Abs. 2 Nr. 3 UmwG) und Angaben über die Aufteilung und den Maßstab der Anteile gemacht werden, § 320 Abs. 2 Nr. 5 UmwG.

Bei einem Formwechsel (§ 335 UmwG) entsprechen die zu machenden Angaben inhaltlich dem Grundkonzept der Vorgaben des Verschmelzungs- und Spaltungsplans, sie werden jedoch ohne Verweis auf § 307 UmwG aufgelistet. Auch hier ist ein indikativer Zeitplan (§ 335 Abs. 2 Nr. 5 UmwG) vorgeschrieben. Es werden zusätzlich Angaben zu den in den letzten fünf Jahren erhaltenen Förderungen oder Beihilfen (§ 335 Abs. 2 Nr. 10 UmwG), sowie Angaben zu den Beteiligungsverhältnissen (Nr. 6) nötig.

 

2.    Berichterstellung und -inhalt

Es wird vorgesehen, dass ein Bericht für die Anteilsinhaber und ein Bericht für die Arbeitnehmer erstellt wird. Dabei wird den Gesellschaften freigestellt, ob ein gemeinsamer Bericht mit einem vorangestellten allgemeinen Teil erstellt wird oder zwei getrennte Berichte. Die in der 2017 verabschiedeten Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts eingeführten Anforderungen an den Verschmelzungsbericht wurden nun zusätzlich zu den schon vorher geltenden Anforderungen an diesem ergänzt und auf nationaler Ebene in § 8 Abs. 1 Satz Nr. 2a) und b) UmwG umgesetzt. Über die bisherigen Angaben gehen die jetzt notwendigen weitgehenden Angaben zur Bewertungsmethode hinaus, die einem Informationsdefizit auf nationaler Ebene entgegenwirken sollen. Auf internationaler Ebene wurden die Anforderungen in §§ 309, 324 und 337 UmwG umgesetzt.

Diese sehen vor, dass im anteilsinhaberspezifischen Teil Angaben zu den Auswirkungen der Umwandlung und zu den Rechten und Rechtsbehelfen gemacht werden, vgl. § 309 Abs. 4 UmwG. Im Arbeitnehmerteil (§ 309 Abs. 5 UmwG) sollen Angaben zu den Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse sowie ggf. die Maßnahmen, um die Arbeitsverhältnisse zu sichern, wesentliche Änderungen der anwendbaren Beschäftigungen oder der Standorte der Niederlassungen der Gesellschaft sowie entsprechender Auswirkungen dieser Faktoren auf eventuelle Tochtergesellschaften der an der Umwandlung beteiligten Gesellschaften gemacht werden.

Ein Bericht ist in Fällen der § 309 Abs. 6 S. 2 UmwG i.V.m. § 307 Abs. 2 Nr. 2 UmwG entbehrlich. Zusätzlich ist ein Spaltungsbericht auch im Fall einer alleinigen Anteilinhaberschaft an allen beteiligten Gesellschaften sowie einer Ausgliederung zur Neugründung entbehrlich, § 324 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 307 Abs. 3 Nr. 2 UmwG sowie §§ 324 Abs. 2 S.1, 135 Abs. 3 UmwG. Ein Arbeitnehmerbericht ist nur dann entbehrlich, wenn alle Arbeitnehmer dem Vertretungsorgan angehören, §§ 309 Abs. 6 S. 3, 324 Abs. 2 S. 2, 337 Abs. 3 S. 2 UmwG.

Der Bericht ist bei grenzüberschreitenden Umwandlungen spätestens sechs Wochen vor dem Zustimmungsbeschluss den Anteilseignern und Betriebsräten elektronisch zugänglich zu machen, vgl. § 310 Abs. 1 UmwG. Dies verlängert die bisherige Frist von vier Wochen. Es ist nun auch die Stellungnahme der Arbeitnehmer(-vertreter) bezüglich des Plans an die Anteilseigner zu übermitteln. Weiterhin besteht eine Pflicht zur Übermittlung des Planes, sofern dieser vorliegt, und des Berichts an den Betriebsrat oder die Arbeitnehmer (§ 310 Abs. 1 S. 3 UmwG).

 

3.    Prüfung

Der Plan ist von unabhängigen Sachverständigen zu prüfen, vgl. §§ 311, 325, 338 UmwG. Nur bei einer Einpersonengesellschaft oder wenn bei einer Spaltung alle Anteilsinhaber formgerecht auf eine Prüfung verzichten oder an der an der übertragenden Gesellschaft nur ein Anteilsinhaber beteiligt ist sowie bei einer Konzernverschmelzung (Tochter und Mutterunternehmen verschmelzen), ist dies entbehrlich. Neuerdings müssen allgemein, für nationale und internationale Umwandlungen Angaben zu unterschiedlichen Bewertungsmethoden und Schwierigkeiten bei der Bewertung gemacht werden. Weiterhin muss der Bericht spätestens einen Monat vor der Anteilseignerversammlung den Anteilseignern zugänglich gemacht werden, §§ 311 Abs. 1 S. 2, 325 Abs. 1 S. 2, 338 Abs. 1 S. 3 UmwG. Dies ist nun auch bei Personengesellschaften der Fall, sofern hier ein Prüfbericht nötig ist.

 

4.    Bekanntmachung

Anteilseigner, Gläubiger und Arbeitnehmer(-vertreter) müssen ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen werden, dass sie bis fünf Tage vor Beschlussfassung Bemerkungen zum Plan machen können, vgl. §§ 308 Abs. 1 Nr. 4, 323, 336 UmwG. Der Plan ist einen Monat vor der Versammlung der Anteilsinhaber bekannt zu machen, §§ 308 Abs. 1 S. 2, 323, 336 UmwG.
Bei Einreichung des Plans sind dem Registergericht weitere notwendige Angaben mitzuteilen, welches diese dann bekannt macht.

 

5.    Beschlussphase

Es ergeben sich keine wesentlichen Neuerungen hinsichtlich der Mehrheiten und anderer Modalitäten der Zustimmung der Versammlung der Anteilseigner im nationalen Recht. Der Beschluss zur Verschmelzung bedarf weiterhin eine Dreiviertelmehrheit - soweit nicht die Satzung eine weitergehende Mehrheit vorsieht - und muss notariell beurkundet werden. Der Beschluss einer innerstaatlichen Spaltung bedarf dieser qualifizierten Mehrheit. Sofern diese Spaltung nicht verhältniswahrend ist, bedarf der Beschluss der Zustimmung aller Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers, § 128 S. 1 UmwG.

Bei grenzüberschreitenden Umwandlungen werden Anteilseigner auf das Spruchverfahren verwiesen, wenn sie das Umtauschverhältnis für nicht angemessen halten. Ein einheitlicher Gerichtsstand ist für solche Streitigkeiten international nicht vorgesehen. Der deutsche Gesetzgeber hat daher national geregelt, dass das Gericht zuständig ist, das sich zuerst mit der Frage befasst, vgl. § 2 Abs. 2 SpruchG. Findet das Verfahren in Deutschland mit ausländischen Beteiligten statt, ist es nun möglich einen gemeinsamen Vertreter für die Anteilsinhaber zu bestellen, § 6c SpruchG.

Neuerdings, können Rechtsträger in Rechtsform der AG, SE und KGaA bereits im Verschmelzungsplan erklären, dass sie gegebenenfalls anstelle einer Barzuzahlung zusätzliche Anteile an der Gesellschaft übernehmen, § 72a Abs. 1 UmwG. Zu diesem Zweck ermöglicht Abs. 2 dieser Norm eine Kapitalerhöhung zur Schaffung dieser Anteile unter Ausschluss des Bezugsrechts der übrigen Anteilsinhaber. für den Fall eines Spruchverfahrens sieht § 72a Abs. 6 UmwG eine Verzinsung der Ansprüche vor, da regelmäßig zwischen der Verschmelzung und dem Abschluss eines Spruchverfahrens regemäßig ein Zeitraum von fünf bis zehn Jahren liegen kann, in dem dem Anteilseigner die Anteile hätten gewährt werden müssen.

 

6.    Vollzugsphase

Auch im Vollzug bringt die Reform des UmwG Neuerungen mit sich.

Zunächst muss der Ausgangsrechtsträger bei der Registeranmeldung einen Antrag auf Erteilung der Rechtmäßigkeitsbescheinigung mit einreichen. Vom Vertretungsorgan des Ausgangsrechtsträgers sind weitere Versicherungen abzugeben, die der Missbrauchskontrolle und der Einhaltung von Arbeitnehmerrechten und dem Gläubigerschutz dienen sollen (§§ 315 Abs. 3, 329, 342-344 UmwG). Eine Anwendung der §§ 315 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 und 316 Abs. 1 S. 2, 3 und 4 UmwG ist dabei allerdings ausgeschlossen. Die Abgabe einer falschen Versicherung nach § 346 Abs. 1 Nr. 1 UmwG ist strafbewehrt und die Abgabe einer falschen Mitteilung nach § 346 Abs. 1 Nr. 2 UmwG strafbar.

Bei der Rechtmäßigkeitskontrolle wird ein zweistufiges Verfahren angesetzt, nachdem zunächst vom Ausgangsrechtsstaat aus bescheinigt wird, dass eine Prüfung stattgefunden hat und dass die Voraussetzungen der Umwandlung eingehalten wurden. Hat diese Prüfung stattgefunden, ist dies mit einer Eintragung im Register zu vermerken und eine Rechtmäßigkeitsbescheinigung vom Registergericht auszustellen. Diese Bescheinigung hat gem. §§ 316 Abs. 1 S. 2, 330, 343 UmwG zu enthalten, dass alle einschlägigen Voraussetzungen für die Verschmelzung erfüllt sind und alle Verfahren und Formalitäten in Deutschland ordnungsgemäß erledigt sind.

Die Rechtmäßigkeitsbescheinigung wird nun nicht mehr durch den beteiligten Rechtsträger, sondern durch das Registergericht des Ausgangsstaats elektronisch an das Registergericht des Zielstaats übermittelt. Es bleibt dem Registergericht des Zielstaats überlassen, ob es eine weitere Missbrauchsprüfung durchführt. Ist die Eintragung im Zielstaat erfolgt wird dies dem Registergericht des Ausgangsstaats mitgeteilt, welches dann die Gesellschaft aus seinem Register zu löschen hat. Damit ist der Vorgang vollständig abgeschlossen.

 

I.    Wichtigste Änderungen im Überblick

1.    Einbezogene Gesellschaften

Im neuen Verfahren werden auf deutscher Seite die AG, die KGaA und die GmbH, sowie deren Rechtsformvariante der UG (haftungsbeschränkt) einbezogen (§§ 305,306 UmwG), solange diese ihren satzungsmäßigen Hauptsitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat der EU oder im EWR hat. Genossenschaften werden nicht zur grenzüberschreitenden Umwandlung zugelassen und in § 306 II UmwG explizit ausgeschlossen. Die Neuerungen des UmwG haben zwar keine unmittelbaren Auswirkungen in Bezug auf die Europäische Aktiengesellschaft (SE). Es können mittelbare Auswirkungen dadurch, dass sich eine SE an einer grenzüberschreitenden Umwandlung beteiligt, entstehen. Auch in Bezug auf die Mitbestimmungsregelungen der SE, gibt es keine Änderungen, da diese auf lange verhandelten Bestimmungen beruhen und viele der Gesellschaften, die sich für die Rechtsform der SE entschieden haben, ohnehin unterhalb der Mitbestimmungsschwelle lagen oder liegen. Personengesellschaften können gem. §§ 214 ff. UmwG Zielrechtsträger einer grenzüberschreitenden Verschmelzung sein, wenn sie nicht mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt.

 

2.    Gesamtrechtsnachfolge

Die Gesamtrechtsnachfolge gilt sowohl im Privatrecht als auch im Öffentlichen Recht. Sie dient dazu, den Vertragspartnern und Kunden die Sicherheit zu geben, mit dem gleichen Unternehmen zu kontrahieren.  Es ist darauf zu achten, dass die Gesamtrechtsnachfolge und die Identität des umwandelnden Unternehmens gewahrt bleiben. Dies wurde bisher in Deutschland mehrfach nicht gewährt oder in Frage gestellt. Mit der Reform behält der Rechtsträger bei einem Formwechsel seine Identität (§ 202 Abs. 1 UmwG). So fällt bei einer Umwandlung das Amt des Wohnungsverwalters nicht weg, sondern bleibt bestehen. Damit stellt der BGH klar, dass die Gesamtrechtsnachfolge ein Element der Umwandlung darstellt, ohne dass es zu einem Eingriff in die Gläubigerrechte käme. Im Öffentlichen Recht wurde bisher davon ausgegangen, dass jede Erlaubnis oder Genehmigung, die mit Rücksicht auf die Vertretungsorgane des Ausgangsrechtsträgers erteilt wurden mit Umwandlung dessen untergeht. Diese Entziehung der Erlaubnis ist weder verfassungsrechtlich zulässig noch nötig, da der Erlaubnis- oder Genehmigungsbehörde genug Zeit gelassen wird, diese Erlaubnis oder Genehmigung zu widerrufen oder in sonstiger Weise von sich aus einzugreifen. Somit bleibt die Identität bei einer Umwandlung bestehen und lediglich die Rechtsform ändert sich.

 

3.    Gläubigerschutz

Im Zuge der grenzüberschreitenden Verschmelzung, Spaltung und des Formwechsels wird an verschiedenen Stellen auf die Bedürfnisse der Gläubiger und deren Schutz eingegangen. Es wird, wie bisher, einen Bericht eines unabhängigen Sachverständigen geben, der ohnehin für jede Umwandlung erstellt werden muss, in dem die Notwendigkeit einer Barabfindung, und das Umtauschverhältnis geprüft wird. Damit können Anteilseigner das Umwandlungsverfahren nicht mehr mit dem Argument, dass das Umtauschverhältnis zu ungünstig sei, angreifen. Außerdem wird § 125 UmwG insoweit abgeändert, dass dieser nun auch für Ausgliederungen gilt. Weiterhin können Gläubiger Sicherheiten verlangen, wenn sie Forderungen haben, die vor Offenlegung der Verschmelzung bestanden, aber nicht fällig waren (vgl. § 314 UmwG). Der Gläubigerschutz ist vor die Eintragung verlagert und nicht wie bei im nationalen Umwandlungsfall nachgelagert. Neu ist außerdem, dass der nationale Gesetzgeber einen effektiven Rechtsschutz für den Fall, dass der Gläubiger seinen Anspruch auf Sicherheitsleistungen prozessual durchsetzen will, zur Verfügung stellen muss. Hierbei wird vorgesehen, dass ein Handelsregisterrichter entscheiden soll, wobei den Parteien in § 314 Abs. 4 UmwG eine Anfechtung der Entscheidung des Gerichts zur Verfügung steht. Sofern eine gerichtlich festgelegt wurde, haben die Vertretungsorgane gemäß § 315 Abs. 3 Nr. 1 UmwG zu versichern, dass diese geleistet wurde.

 

4.    Minderheitenschutz

In Bezug auf den Minderheitenschutz wurde als zentrales Instrument bei grenzüberschreitenden Umwandlungen das generelle Austrittsrecht gegen Barabfindung eingeführt. Sollte ein Ausscheiden gegen Barabfindung durch die Anteilseigner gewünscht sein, muss diese Absicht dem Unternehmen zunächst binnen eines Monats nach der Anteilseignerversammlung (§ 140 Abs. 2 UmwG) mitgeteilt werden. Diese Erklärung muss elektronisch erfolgen und bedarf, auch wenn es sich bei dem Unternehmen um eine GmbH handelt, keiner notariellen Beurkundung. Eine Annahme des Abfindungsangebots kann bis spätestens zwei Monate nach der Anteilseignerversammlung förmlich angenommen werden (§ 340 Abs. 3 UmwG), wobei dafür ggf. eine notarielle Beurkundung (bei einer GmbH gem. § 15 Abs. 3 GmbHG) nötig ist. Die Kundgabe der Absicht der Annahme der Barabfindung und die davon abweichende Annahme dieser, soll dem Unternehmen genug Zeit geben, sich auf die Übertragung der Anteile bei der Annahme vorzubereiten.

 

5.    Arbeitnehmerrechte

Die Umsetzung der Umwandlungsrichtline stärkt zudem durch mehr Transparenz und Information die Arbeitnehmerrechte. So werden beispielsweise Informationen über Betriebsrenten oder Anwartschaften auf diese, sowie Auswirkungen einer Verschmelzung auf die Beschäftigung im Verschmelzungsplan erläutert (§ 307 Abs. 2 Nr. 4, Nr. 16 UmwG). Die Regelungen des § 32 MgFSG und § 30 MgVG finden auch dann Anwendung, wenn innerhalb von vier Jahren nach Wirksamwerden einer grenzüberschreitenden Umwandlungsmaßnahme eine innerstaatliche Umwandlungsmaßnahme durchgeführt wird. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn in der aus der grenzüberschreitenden Umwandlung hervorgehenden Gesellschaft eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer besteht.

 

6.    Missbrauch

Weiterhin wird ein Missbrauchsverbot der Umwandlungsmaßnahme zum Zwecke der Vermeidung der Mitbestimmung eingeführt, sodass das Registergericht eine Umwandlung oder Umstrukturierung eines Unternehmens ablehnen kann, sofern es der Auffassung ist diese würde missbräuchlich verwendet, um den Arbeitnehmern Mitbestimmungsrechte vorzuenthalten oder zu entziehen (§ 30 MgVG, § 36 MgFSG). Dem Handelsregister wird allerdings in den §§ 316 Abs. 3, 343 Abs. 3 UmwG ein Ermessen eingeräumt. Demnach sind missbräuchliche, betrügerische oder kriminelle Zwecke einer Umwandlung solche, die nationales oder europäisches Recht umgehen sollen (§ 343 Abs. 3 UmwG). Bei der Umwandlung eines überschuldeten Unternehmens ist zusätzlich darzulegen, wie diese Überschuldung durch die Umstrukturierung beseitigt wird. Dem Gericht kommt somit ein umfassendes Auskunftsrecht zu, welches sich für eine Verschmelzung auf § 317 UmwG, eine Spaltung auf § 329 UmwG und einen Formwandel auf § 344 UmwG stützt.

Weiterhin kann das Handelsregister, sollte es sich um ein kompliziertes Verfahren handeln, die ihm gesetzlich gesetzte Frist von drei Monaten verlängern und Sachverständige hinzuziehen, um die Umwandlung richtig bewerten zu können. Es sind ferner ausführliche Informationen bei der Anmeldung einer Umwandlung nötig; so muss von den Vertretungsorganen versichert werden, dass von den Gläubigern keine Sicherheit gefordert ist oder die Forderungen erfüllt wurden, die Rechte der Arbeitnehmer eingehalten und Verhandlungen zur Mitbestimmung durchgeführt wurden, sowie dass sich die Gesellschaften nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden, oder wenn dies der Fall ist, wie diesen abgeholfen werden sollen (§§ 315 Abs. 3, 329, 342 Abs. 3 UmwG). Die Versicherungen sollen helfen einen Missbrauch zu vermeiden.

 

7.    Probleme

Obgleich viele bisherige Probleme mit den Neuerungen behoben wurden, bleiben immer noch Probleme offen.

So hat der deutsche Gesetzgeber Personengesellschaften mit mehr als 500 Arbeitnehmern nicht in die Neuerungen einbezogen, da die Anforderungen an die Mitbestimmung in Deutschland im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nach wie vor Schwierigkeiten für neue Regelungen bereiten. Es gibt keine Parallelregelungen in anderen Mitgliedstaaten, sodass eine Umgehung der deutschen Regelungen durch Umwandlungen in andere Staaten zu befürchten ist. Insbesondere Personengesellschaften müssen sich daher weiterhin an der Rechtsprechung des EuGHs orientieren. Auch wurde für zwei Freiberufler der Weg in eine Personenhandelsgesellschaft eröffnet, einer Einzelkanzlei eines Freiberuflers steht dieser Weg allerdings nicht offen.

Ferner beziehen sich die Neuerungen des UmwG nur auf grenzüberschreitende Umwandlungen innerhalb der EU und EWR, womit es weiterhin an Regelungen bezüglich grenzüberschreitender Umwandlungen in Drittstaaten fehlt. Die Praxis muss hier auf andere Wege zurückgreifen wie asset deal, Anwachsungsmodell oder ein Umweg über einen anderen EU-/EWR-Staat, die allerdings auch nachteilig sein können, gegenüber einer direkten Umwandlung. Weiterhin ist ein Zuzug aus einem Drittstaat nicht möglich, auch wenn die Vorschriften des deutschen Rechts gewahrt worden sind.

Für weitere Informationen und mehr Details siehe auch Heckschen, „Größte Reform des Umwandlungsrechts – nicht nur Richtlinienumsetzung! (Teil I)“ GmbHR 2022, 501; Heckschen, „Größte Reform des Umwandlungsrechts – nicht nur Richtlinienumsetzung! (Teil II)“ GmbHR 2022, 613; Heckschen/Knaier, „Reform des Umwandlungsrechts kurz vor dem Ziel“ ZIP 2022, 2205.

 

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