Der Entwurf eines Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland – „Baulandmobilisierungsgesetz“

I. Zielsetzung

Die Idee zum Erlass eines Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland wurzelt im Koalitionsvertrag der amtierenden Regierung. Hier wurde vereinbart, die Kommunen bei der Aktivierung von Bauland und der Sicherung bezahlbaren Wohnens zu unterstützen. Nunmehr liegt das „Baulandmobilisierungsgesetz“, als Referentenentwurf vor: sein selbsterklärtes Ziel ist es, die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden zu stärken. Insbesondere sollen diese leichter auf Flächen für den Wohnungsbau Zugriff nehmen können; weiter werden Erleichterungen bei der Schaffung von Wohnraum im Innen- und Außenbereich vorgeschlagen.

 

II. Verfahren

Am 04.09.2018 wurde die Expertenkommission für „Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik“ eingerichtet. Sie hat sich schwerpunktmäßig mit Fragen einer aktiven Liegenschaftspolitik und Instrumenten zur Verbesserung der Baulandbereitstellung befasst. Die hierauf am 02.07.2019 vorgelegten Empfehlungen bilden unter anderem die Grundlage für den vorgelegten Gesetzentwurf, der nach Einholung der Stellungnahmen am 09.06.2020 veröffentlicht wurde.

 

III. Inhalt

Der Entwurf enthält Änderungsbefehle für das Baugesetzbuch, die Baunutzungs- sowie die Planzeichenverordnung. Die Änderungen des Baugesetzbuches betreffen insbesondere die Ausweitung gemeindlicher Vorkaufsrechte sowie die Einführung eines Genehmigungsvorbehalts bei der Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen.

Gemeindliche Vorkaufsrechte werden gem. § 24 Abs. 3 BauGB bis dato ausgeübt, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Das Gesetz soll durch Regelbeispiele nunmehr klarstellen, dass auch die Deckung von Wohnbedarf in der Gemeinde einen Ausübungsgrund darstellt. Gleiches gilt für die Innenentwicklung und diejenigen Fälle, in denen auf einem zu veräußernden Grundstück ein städtebaulicher Missstand besteht oder es sich um ein unbebautes und brachliegendes Grundstück in Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten handelt. Die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts soll erst nach drei Monaten anstatt – wie bisher in § 28 Abs. 2 S. 1 BauGB niedergelegt – bereits nach zwei Monaten ablaufen.

Durch § 250 Abs. 1 BauGB n.F. soll die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum zudem künftig einer gemeindlichen Genehmigung bedürfen. Betroffen werden Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten, die durch die Landesregierungen für höchstens fünf Jahre bestimmt werden. Gleiches soll für die Begründung der Rechte aus § 30 WEG und § 31 WEG, sowie unter Umständen für die Begründung oder Belastung von Bruchteilseigentum an Grundstücken mit Wohngebäuden (§ 250 Abs. 6 BauGB n.F.) gelten. Ferner wird durch § 250 Abs. 5 BauGB n.F. das Grundbuchamt angewiesen, die Eintragungen in das Grundbuch nur vorzunehmen, wenn der Genehmigungsbescheid beim Grundbuchamt eingegangen ist. Anderenfalls kann die für die Genehmigung zuständige Stelle das Grundbuchamt um die Eintragung eines Widerspruchs ersuchen.

§ 250 Abs. 3 S. 1 BauGB n.F. soll im Übrigen einen gebundenen Genehmigungsanspruch in folgenden Fällen normieren, namentlich wenn:

  1. das Grundstück zu einem Nachlass gehört und Wohnungseigentum oder Teileigentum zugunsten von Miterben oder Vermächtnisnehmern begründet werden soll,
  2. das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an Familienangehörige des Eigentümers veräußert werden soll,
  3. das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter veräußert werden soll,
  4. auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht mehr zumutbar ist oder
  5. ohne die Genehmigung Ansprüche Dritter auf Übertragung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht erfüllt werden können, zu deren Sicherung vor dem Wirksamwerden des Genehmigungsvorbehalts eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist.

Satz 2 desselben Absatzes soll die zuständige Genehmigungsbehörde anweisen, die Genehmigung erst zu erteilen, wenn abgesehen von der Eintragung in das Grundbuch alle Voraussetzungen für die beabsichtigte Rechtsänderung gem. § 250 Abs. 6 S. 1 BauGB n.F. unwiderruflich erfüllt sind.

Im Hinblick auf die weiteren Änderungen wird auf den Gesetzentwurf verwiesen.

 

IV. Kritik

Insbesondere § 250 BauGB n.F. stößt – auch, soweit aus den Stellungnahmen ersichtlich - auf Bedenken.

Laut Referentenentwurf zielt die Regelung darauf ab, ein ausreichendes Angebot an bezahlbaren Mietwohnungen zu erhalten. Sie setze an der Verkehrsfähigkeit der Immobilie an und begegne der Verdrängungsgefahr, die der mit der Umwandlung einhergehenden Änderung der Eigentümerstruktur folgt. Die Regelung führe also deshalb einen Genehmigungsvorbehalt ein, um den zuständigen Stellen zu ermöglichen, negative Auswirkungen von Umwandlungen auf den Mietwohnungsmarkt zu begrenzen. Mieter würden so vor Verdrängung durch Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen geschützt.

Im Wesentlichen wird kritisiert, dass die Regelung weder nach ihrem Inhalt noch nach ihrer Zielsetzung einen Beitrag zur Mobilisierung von Bauland leisten könne und lediglich zu bürokratischem Aufwand bei den Gemeinden sowie auch bei den Grundbuchämtern führe. Zum Teil wird vorgetragen, § 250 BauGB n.F. stelle einen unzulässigen Eingriff in die Planungshoheit der Gemeinde dar.

Zudem sei der Mieter nach aktuellem Recht bereits ausreichend geschützt: § 577 BGB gewähre im ein Recht zum Vorkauf, sofern die ihm zum Zeitpunkt der Aufteilung bewohnte Wohnung verkauft werden solle. Über § 577a BGB sei der Mieter nach dem Verkauf seiner Wohnung mindestens drei Jahre vor einer Eigenbedarfskündigung geschützt, in vielen Städten mit angespanntem Mietmarkt zum Teil noch länger.

Die Regelung habe zur Folge, dass eine Vielzahl der in der Praxis regelmäßig vorkommenden Rechtsvorgänge, die keinen notwendigen Bezug zur Verringerung von bezahlbarem Mietraum haben, unter ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gestellt würden.

 

V. Praxishinweis

Die Verlängerung der Regelfrist zur Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinden würde – trotz seltener Ausübung in der Praxis – zu Verzögerungen bei der Kaufvertragsabwicklung führen. Denn gem. § 28 Abs. 1 S. 2 BauGB darf das Grundbuchamt den Erwerber erst als Eigentümer in das Grundbuch eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Dies führt regelmäßig dazu, dass das Zeugnis hierüber gleichzeitig als Fälligkeitszeitpunkt des Kaufpreises vereinbart wird.

Im Hinblick auf § 250 BauGB n.F. ist die praktische Umsetzung fragwürdig. Beispielsweise müsste im Fall des § 250 Abs. 3 Nr. 3 BauGB n.F vor der Eintragung der Aufteilung im Grundbuch sowohl eine Teilungserklärung beurkundet werden, als auch mit wenigstens zwei Dritteln der Mieter wirksame, unwiderrufliche Kaufverträge geschlossen werden. Hierbei müsste der Eigentümer auf das Kostenrisiko hingewiesen werden, das entstünde, wenn es beispielsweise weder zu einer Aufteilung, noch zu unwiderruflichen Kaufverträgen käme. Der Kaufvertrag wiederum bedürfte jedoch einer hinreichend bestimmten Bezeichnung des Kaufgegenstands, die ohne Teilungserklärung kaum gelingen wird.

Autor: Prof. Dr. Oswald van de Loo, Notar, Dresden

 

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